Unsere Reise durch Albanien geht schneller voran als gedacht. An die bekannten Stationen können wir häufig ein Häkchen setzen – alles beim Alten geblieben. Aber wir entdecken auch immer wieder etwas Neues und Unbekanntes. Dank des rasanten Fortschritts beim Straßenbau in Albanien können wir neue Routen erkunden, finden neue Campingplätze, neue Sehenswürdigkeiten. Langweilig wird es uns also nicht.
Manchmal haben wir das Gefühl, Albanien ist auf der Überholspur unterwegs. Besonders deutlich wird uns das in Tirana. Bei unserem zweiten Besuch haben wir auch Wetterglück und erleben eine boomende, moderne und faszinierende Stadt. Diesmal nehmen wir an einer Free-walking-Tour teil. Unser Guide Eri zeigt uns das moderne Tirana. Mit vielen Streetart-Kunstwerken, hippen Ausgehvierteln und verborgenen Ecken. Wir lernen Neues und Unbekanntes kennen, er erzählt Spannendes aus der Sicht eines jungen Albaners und führt uns an Stellen, die wir so nicht entdeckt hätten. Interessante und aufschlussreiche drei Stunden Stadtrundgang, die uns wieder einmal begeistern.
Nicht alles, was wir sehen, gefällt uns auch. So machen sich insbesondere an der Küste Bausünden breit, die wir zwar befürchtet, aber in dieser Dimension so nicht erwartet haben. An der albanischen Riviera südlich des Llogara-Passes herrscht so etwas wie Goldgräberstimmung. Hotelburgen, Ferienresorts, Luxusimmobilien. Da wird dann schon mal der Naturschutz kurzerhand ausgehebelt, wie beispielsweise der erst 2023 unter internationaler Beteiligung feierlich gegründete Vjosa-Wildfluss-Nationalpark. Als erster Nationalpark dieser Art in Europa soll er die Vjosa sowie ihre Zuflüsse schützen, um die Artenvielfalt und Einzigartigkeit dieser Naturlandschaft zu erhalten. Nach kaum einem Jahr entsteht im Mündungsdelta ein neuer, internationaler Flughafen. Der Shushica, einem der wichtigsten Zuflüsse zur Vjosa, soll eine beträchtliche Menge Wasser entnommen werden, um den Massentourismus an der Küste zu versorgen. Mit verheerenden Folgen für die Bergdörfer und die dortige Landwirtschaft. In einem weiteren Nationalparkgebiet sollen mit Geldern des Donald-Trump-Imperiums Luxusimmobilien entstehen. Da fragt man sich schon, wohin die Reise Albaniens geht.
Das vielbeklagte Müllproblem Albaniens hingegen scheint eine positive Entwicklung zu nehmen. Da hat sich seit 2021 einiges getan und wir haben den Eindruck, dass die Bevölkerung inzwischen auch dafür sensibilisiert wird. An Rastplätzen sind Mülleimer aufgestellt, es gibt Hinweisschilder, den Müll nicht einfach in der Natur zu entsorgen und wir sehen Sammelstationen für Plastikflaschen. In den Städten sieht es viel aufgeräumter aus, wenngleich nach dem Winter die Strände häufig noch ziemlich verdreckt sind. Es gibt sie noch, die Schmuddelecken, aber es tut sich was.
Was sich glücklicherweise (noch) nicht verändert hat, ist die Freundlichkeit der Menschen. Wie bereits bei unserer ersten Reise erleben wir fast täglich schöne Begegnungen. Man fragt uns nach dem woher und wohin, gibt uns Tipps oder freut sich einfach, dass wir da sind. Eine besonders schöne Erfahrung haben wir irgendwo im nirgendwo, als wir mal wieder eine archäologische Ausgrabungsstätte erkunden. Beim Streifzug durch die alten Steine, der etwas Pfadfindergeist erfordert, treffen wir auf einen alten Mann, der uns in sein bescheidenes Heim bittet. Er trägt Stühle in den Garten, fordert uns auf, die Wasserflasche an seinem Brunnen zu füllen und bewirtet uns mit Honig, Joghurt und Raki. Geld will er dafür nicht, aber seinen Honig verkauft er uns dann gerne. Verständigen können wir uns nicht, aber irgendwie klappt es mit Händen und Füßen.
Anderwo, wie etwa auf dem Wochenmarkt in Permet, werden wir zu Verkostungen eingeladen. Auch hier erklärt uns die Marktfrau mit Händen, Füßen und viel Gestik die Wirksamkeit ihrer Heilkräutertees. Kaum ein Wehwehchen, gegen das sie nicht etwas in ihrem Angebot hätte.
Zum ersten Mal begegnen wir auch Wohnmobilisten, die mit unserem Albanien-Reiseführer unterwegs sind. Es ist schon ein erhebendes Gefühl, wenn wir unser blaues Büchle hinter der Windschutzscheibe auf dem Armaturenbrett anderer Camper entdecken. Oder wenn wir direkt angesprochen werden, ob wir nicht die Autoren des WOMO-Buches sind. Wir bekommen sehr viel positives Feedback, Anregungen und neue Tipps. So lebt unser Buch und vieles, was wir auf diesem Weg erfahren, wird in die nächste Ausgabe einfließen. So macht die Recherchearbeit dann auch viel Freude.
Überhaupt sind die Begegnungen mit anderen Reisenden das berühmte Salz in der Suppe. Der Austausch unter Gleichgesinnten, das Kennenlernen anderer Lebensentwürfe oder auch das Wiedersehen mit Reisefreunden, wie Almut und Stefan. Wir haben die beiden mit ihrem Wohnmobil namens Rudolph in Rumänien kennengelernt und uns später in Deutschland getroffen. Beim Abendessen in einem Panoramarestaurant haben sie unseren Mumin eher zufällig weit unten am Strand entdeckt und sich spontan zu uns gesellt. Unsere Wege kreuzten sich in Albanien noch ein weiteres Mal, jetzt sind die beiden auf dem Weg durch Griechenland. Euch eine gute Reise!
Anbei ein Beispiel dafür, wie sich eine Straße und die Tankstelleninfrastruktur in nur drei Jahren verändert haben. Links das Bild stammt von 2021, rechts mit neuer Tanke und frischer Asphaltdecke im Jahr 2024 ;)
Zum Abschluss noch ein paar Eindrücke von unserer weiteren Reise durch's Hinterland Albaniens, wo sich noch viele ursprüngliche Traditionen und Landschaften finden. Wir haben derweil auch das Land gewechselt und erkunden die nordmazedonische Seite des Ohridsees. Doch das wird dann wieder eine andere Geschichte.