Mittlerweile liegt unser Großstadt-Abenteuer Barcelona schon wieder einige Tage hinter uns und wir sind derzeit im Hinterland der
Küste unterwegs. Auch der Sommer hat nun Einzug in Spaniens Norden gehalten. Waren die Temperaturen bislang noch gemäßigt bis angenehm frühsommerlich, sitze ich gerade bei 30,5 Grad
Innentemperatur am PC. In den Medien wird über die große Hitzewelle, die derzeit in Spanien grassiert, berichtet. Wir hatten Glück, doch kommt nun die Wärme auch im Norden des Landes
an.
Die Trockenheit und Dürre sind tatsächlich katastrophal. Die Stauseen sind nur noch zu 26 Prozent gefüllt, überall staubt es und selbst in Barcelona machen die Grünanlagen eher einen traurigen Eindruck. Sie dürfen nicht mehr bewässert werden und auch so mancher Pool dürfte in diesem Sommer leer bleiben. Bereits jetzt werden die ersten Dörfer im Süden des Landes über Tanklaster mit Trinkwasser versorgt. Solche Bilder und Nachrichten machen nachdenklich. Die ersten Waldbrände gab es bereits und in den waldreichen Regionen herrscht Alarmstufe rot.
Doch zurück zu unserem Abenteuer Barcelona. Wir haben uns für den Aufenthalt auf einem schicken Campingplatz im Norden der Stadt eingebucht und nehmen hier gerne die Annehmlichkeiten mit. Es gibt einen Shuttle-Service direkt in die Stadt – bequemer geht es kaum. Dazu besorgen wir uns noch eine 10er-Karte für die Metro und die Tickets für die Sehenswürdigkeiten, die auf unserer Bucket-List stehen. Es macht durchaus Sinn, die verschiedenen Sightseeing-Pakete vorher zu vergleichen und zu planen, was man alles sehen möchte. Die Eintrittspreise sind nämlich teilweise horrend und die Warteschlangen unendlich.
Barcelona Tag 1:
Für den ersten Tag – einen Samstag – haben wir uns das Pflichtprogramm vorgenommen. Park Güell und Sagrada Família müssen wir einfach sehen, wenn wir schon mal da sind. Zu unserer Überraschung gestaltet sich der Samstagvormittag erstaunlich entspannt. Wir bummeln durch das sehr authentische Stadtviertel García. Hier leben noch viele Einheimische, sie erledigen den Wochenendeinkauf in den kleinen Supermärkten und der Markthalle des Viertels, junge Familien mit ihren Kindern treffen sich zum Kaffee auf einem der hübschen Plätze. Es gibt sehr nette, kleine Läden und einen liebevoll eingerichteten Friseursalon, der sich ausschließlich auf Kinder spezialisiert hat. Während die Kleinen drinnen auf Stühlen mit Elefantenrüssel sitzen und andere in der Spielecke geduldig auf die neue Frisur warten, plaudern die Eltern draußen vor der Tür. So etwas haben wir noch nie gesehen. Eine schöne Idee. Den ersten Gaudí-Bau entdecken wir ebenfalls – die Casa Vicens.
Dann nehmen die Besucherströme zu – wir sind richtig und schnaufen bergauf in den Parc Güell. Fast zwei Stunden bummeln wir durch die aussichtsreiche Grünanlage, steigen hinauf zum höchsten Punkt mit den drei Kreuzen und gehen wieder hinunter zum vollen und fotogenen Eingangsbereich. Entsprechend dicht bevölkert ist er mit Instagram-Girls und asiatischen Reisegruppen, die mit Selfie-Sticks bewaffnet sind.
Was ist unser persönliches Fazit nach diesem Must-have-seen in Barcelona? Ganz ehrlich? Ich hatte mir irgendwie mehr erwartet. Ja, die Gaudí-Architektur ist hübsch. Ja, die Aussicht wäre auch ganz nett, wenn es nicht so diesig wäre und Ja, sobald man sich einige Schritte von den Touristenpulks samt Souvenirhändlern entfernt, wird es ruhiger und durchaus entspannt. Abgehakt unter dem Punkt: gesehen und erledigt. Der berühmte Funke ist hier leider nicht übergesprungen.
Nach unserem Besuch geht es hinunter ins Stadtviertel Sagrada Família – benannt nach dem gleichnamigen Highlight von Antoní Gaudí. Eigentlich eher per Zufall kommen wir vorbei am Hospital Santa Pau – dem größten Jugendstil-Ensemble Europas und UNESCO-Weltkulturerbe. Wir schauen es uns heute nur von außen an, befinden jedoch: Das bedarf einer näheren Begutachtung! Fortsetzung folgt.
Nach einer Kaffeepause flanieren wir entlang der Av. Gaudí zur Sagrada Família. Je näher wir dieser Attraktion kommen, desto mehr steppt der Bär. Ich glaube, mit jedem Meter, den wir der berühmten Kirche näherkommen, desto teurer wird das Essen in den zahlreichen Straßenrestaurants.
Wir gelangen mit unseren Online-Tickets ohne Warteschlange, aber unter enormen Sicherheits-Checks hinein. Von außen betrachtet sieht das Teil eher baufällig aus. Eingerüstet und mit zahlreichen Baukränen versehen wird hier unter Hochdruck gearbeitet. Schließlich soll das Meisterwerk Gaudís im Jahr 2026 zu seinem 100. Todestag und nach mehr als 140jähriger Bauzeit fertiggestellt sein. Na denn – schaun mer mal, ob das auch gelingt.
Innen erleben wir dann aber den WOW-Effekt. Ausgerüstet mit einem sehr guten, deutschsprachigen Audio-Guide schauen wir uns das Meisterwerk ausführlich an. Trotz des Andrangs können wir dieses eindrucksvolle Gotteshaus, das den Titel einer Basilika Minor erhalten hat, in aller Ruhe bewundern.
Mit platten Füßen und nach etlichen Kilometern sowie zwei Metro-Fahrten kehren wir mit dem Bus zurück zum Campingplatz.
Sonntag, 23. April. Internationaler Welttag des Buches und Feiertag in Katalonien. Der Sant Jordí-Tag. Wir waren gewappnet, aber mit DIESEM Andrang in der Stadt hatten wir nicht gerechnet. Gefühlt waren alle 1,6 Millionen Einwohner auf den Beinen. Und wir mittendrin.
Doch von vorn: Hinter dem Feiertag steckt die Sant Jordí Legende. Diese besagt, dass der Ritter Sant Jordí (bei uns der Heilige Georg) an einem 23. April den Märtyrertod im Nahen Osten stirbt. Doch zuvor erreichte jedoch er das katalanische Dorf Montblanc, um eine schöne Prinzessin zu retten, die einem Drachen geopfert werden sollte. An der Stelle, wo das Drachenblut in den Boden sickerte, wuchs ein roter Rosenstrauch und Sant Jordí schenkte der Prinzessin eine dieser Rosen.
Seitdem heißt es: „Eine Rose für die Dame, ein Buch für den Herrn“. Die Katalanen verbinden den 23. April mit Rosen, Büchern und der Liebe. Wichtiger als bei uns der Valentins-Tag.
Wir schlendern also durch die Stadt, in der auf vielen Plätzen Bücherstände aufgebaut sind. Zudem an jeder – wirklich an JEDER – Ecke Verkaufsstände für die roten Rosen. Zu unserem Pflichtprogramm gehört an diesem Tag das Picasso-Museum. Auch dort ist es bereits am Vormittag sehr voll und die geführten Gruppen sind teilweise recht penetrant. Da wird man einfach zur Seite geschubst, damit die Meute Platz hat. Nicht so erquicklich, aber wir machen das Beste daraus. Sehenswert und absolut interessant ist das Museum nämlich in jeder Hinsicht. Zum einen erstreckt es sich über insgesamt fünf Stadtpaläste, zum anderen bin ich natürlich auch ein bekennender Picasso-Fan.
Danach spazieren wir durch das Altstadtviertel Born. Ein wenig verrucht, ein wenig düster, aber voll mit Streetart, morbidem Charme und schönen Kneipen. So landen wir für die Mittagspause gerade noch rechtzeitig in einer Vermoutheria. Hier genießen wir in urigem Ambiente den Vermouth sowie Tapas und unterschiedlichen Variationen. Das Essen ist lecker und wir fühlen uns mitten in Barcelona angekommen. Ausländische Touristen gibt es nicht.
Frisch gestärkt lassen wir uns nun in Richtung Wasser treiben. Die Menschenmassen werden immer dichter und wir wollen heute eine Fahrt mit der Metro vermeiden. Stattdessen suchen wir die Wege, die nicht ganz so bevölkert sind. Dabei kommen wir am Rathaus vorbei, das am Sant Jordí Tag seine Tore geöffnet hat und zur Fahrt hinauf auf die Aussichtsterrasse einlädt. Zwar mit Sicherheits-Check, aber gratis und der Eingang so versteckt, dass wir ohne Warteschlange mit dem Lift hinauffahren können. SUPER!!!
Am alten Hafen bestaunen wir schicke Yachten (wohl auch konfisziert von russischen Oligarchen), genießen schöne Ausblicke, spazieren zur Kolumbus-Statue und lauschen den groovenden Reggea-Salsa-Rhythmen einer Live-Band. Durch das Altstadtviertel Goticó mit der Kathedrale und den Resten der alten Stadtmauern Barcelonas gelangen wir wieder zurück zu unserer Busstation. Auch heute wieder platte Füße, aber voller neuer Eindrücke. Und was uns besonders aufgefallen ist: Trotz des immensen Besucheraufkommens war die Atmosphäre in der Stadt absolut entspannt und friedlich.
Barcelona Tag 3:
Heute wollen wir unsere Metro-Tickets „abfahren“ und uns weitere Stadtviertel anschauen. Vom Montag versprechen wir uns eigentlich, dass es nach dem vollen Sonntag etwas ruhiger zugeht. Doch Fehlanzeige. Die berühmte Rambla (muss man nicht wirklich gesehen haben) ist bereits um 10.00 Uhr ziemlich voll. Den Markt schauen wir uns da gar nicht erst an.
Erstes Ziel ist das MOCO-Museum mit Werken verschiedener PopArt-Künstler von Andy Warhol über Roy Lichtenstein bis Banksy. Insgesamt sehr interessant, aber voller junger Insta-Leute, die sich hier vor den Werken in Positur ablichten. Gemäß dem Motto: Alles so schön bunt hier. Ich hege gewissen Zweifel daran, ob sie mit den Künstlern und ihren Arbeiten überhaupt vertraut sind…
Mit der Metro geht es dann zum Hospital Santa Pau. Eine richtige Oase der Ruhe und Abgeschiedenheit im Großstadttrubel. Und tatsächlich sehr sehenswert. Die nächste Metro-Fahrt bringt uns zu den Gaudí-Gebäuden Casa Mila und Casa Batlló. Hier beschränken wir uns auf Außen-Ansichten und flanieren noch über die Nobel-Einkaufsmeile mit ausgewiesenen Parkplätzen für die betuchte Kundschaft, die sich in Nobel-Karossen von den Chauffeuren vorfahren lässt.
Weiter geht es zur riesigen Plaza España mit den venezianischen Türmen, der Barcelona-Arena und dem Blick auf den Hausberg Montjuic. Wir genießen noch ein formidables Abschiedsessen von Barcelona und kehren mit der Metro wieder zurück in die City.
Fazit nach drei Tagen Barcelona: Eine tolle, lebendige und bunte Stadt, die uns sehr gut gefallen hat. Hauptsächlich abseits der Besuchermassen. Wir können es den Einwohnern nicht verdenken, dass ihnen der Massentourismus längst über den Kopf gewachsen ist und Touristen nicht immer und überall Willkommen sind. Massenweise Schulklassen auf Abschiedsfahrten (der Ballermann von Lloret de Mar scheint sich hierher verlagert zu haben), grölende britische Sauftouristen (sorry), JunggesellInnen-Abschiede und ganze Busladungen voller asiatischer Reisegruppen – von den modernen Kreuzfahrern ganz zu schweigen. Barcelona gehört nun einmal zu einer der meistbesuchten, europäischen Metropolen.
Es ist aber immer noch möglich, stille und ruhigere Ecken zu finden. Man muss sie nur suchen, die Blickrichtung ändern und einfach ein wenig abseits der ausgetretenen Pfade unterwegs sein. Da macht es tatsächlich Spaß, sich durch die Gassen und Stadtviertel treiben zu lassen und dabei auch ganz spontane Entdeckungen zu machen.
Ach ja: Schöne Reisebegegnungen gab es ebenfalls. Auf dem Campingplatz lernten wir Anja und Robert kennen, die mit ihrem Fernreisemobil auf Jungfernfahrt unterwegs sind. Gute Fahrt euch beiden, wenn ihr hier mitlest.
Und es gab ein spontanes WOMO-Autorentreffen mit Anne und Uwe. Euch ebenfalls eine gute Reise ohne Recherche-Auftrag 😉 und genießt Südeuropa!
Hasta luego und bis demnächst!