Von Serbien rollen wir dahin zur bulgarischen Grenze und damit wieder zurück in die EU. Davor hat sich ein kilometerlanger LKW-Stau gebildet und die armen Brummi-Fahrer müssen in der Hitze ausharren. Wir schleichen uns daran vorbei. „Camper – NO Truck“ lautet die Devise. Wir sind gewappnet, dass es bei der Rückkehr in die EU zumindest ein paar Diskussionen geben würde. Doch weit gefehlt – in 15 Minuten sind wir durch alle Instanzen durch. Welcome in Bulgaria! Hier ist es wieder – das Zauberwort 😉
Für Bulgarien hatten wir im Frühjahr 2022 eine komplette Tourenplanung ausgearbeitet, um darüber einen WOMO-Reiseführer zu schreiben. Doch dann kam der Ukraine-Krieg und hat alles über den Haufen geworfen. Einige der Highlights, die wir uns damals notiert hatten, wollen wir jetzt ein wenig erkunden. Und eines davon ist das Rila-Kloster. Unsere Navi-Susi bietet uns eine Route an, doch dann ist an der Autobahn plötzlich schon das Kloster mit braunen Hinweisen ausgeschildert. Wir folgen dem Rat und gelangen über kleine und allerkleinste Sträßchen an unser Ziel.
Am Kloster gibt es gebührenpflichtige Parkplätze, auf denen wir auch übernachten können. Zwar recht teuer, aber wir befinden uns hier im Rila-Nationalpark mit strengen Reglements. Gegen Abend ist es hier sehr ruhig und wir können uns diese fantastische Anlage in aller Ruhe anschauen. Die Kirche ist jedoch bereits geschlossen und somit bleibt es vorerst bei der Außenbesichtigung.
Da wir uns mit diesem Abstecher etwas von unserer Reiseroute entfernt haben, müssen wir nun durch das Pirin-Gebirge und die Rodopen zurück in Richtung Türkei. Griechenland ist nur kurz eine Option. Hier brennen in Richtung türkischer Grenze noch große Waldgebiete und das möchten wir dann doch lieber meiden.
Also geht es auf Berg- und Talfahrt über Pässe, vorbei an mondänen Ski-Ressorts und durch ein schönes Flusstal zu unserem auserkorenen Stellplatz auf einer Hochalm. Der nächste Ort heißt Dolen und es soll dort noch einige osmanische Holzhäuser geben. Wir bleiben aber ein wenig unterhalb des Dorfes auf einem Plateau mit wunderschöner Aussicht auf die bewaldeten Höhenzüge. Hier lassen wir den Reisetag noch einmal Revue passieren. Uns sind die vielen Obst- und Gemüsestände aufgefallen, an denen jetzt Melonen, Gurken, Kartoffeln und Honig verkauft werden. Zudem gibt es etliche Steinmetze, die hier in mühevoller Handarbeit Porphyr-Steine klopfen und fein säuberlich am Straßenrand zur Abholung aufschichten. Es scheint ganzen Familien Unterhalt zu bieten, denn wir sehen Frauen und Männer samt ihrer Kinder an den Steinen arbeiten.
Tag drei in Bulgarien führt uns über die Rodopen. Auch dies ein Höhenzug im Grenzgebiet zu Griechenland. Unsere erste, meditative Morgenbeschäftigung ist das Füllen unseres Wassertanks. Das erledigen wir an einer Bergquelle, aus der auch die Einheimischen ihr Wasser schöpften. Also wird das mal ausprobiert und tatsächlich gelingt es uns, in knapp einer Stunde etwa 200 Liter Wasser durch die Filteranlagen in den Tank zu befördern.
Dann geht es hinein in eindrucksvolle Landschaften. Der Fahrtag ist geprägt von Kurven, Kurven und nochmal Kurven. Dazu bergauf und bergab, mal auf schlechter, mal auf guter Straße. Wir passieren waldreiche Gegenden, wilde Schluchten und sanfte Hochebenen. Wir sehen Schäfer mit ihren Herden, begleitet von den gutmütigen, aber wachsamen Herdenschutzhunden. Die Steinmetze werden von Sägewerken abgelöst, wir passieren etliche Lost-Places mit verfallenen Fabrikanlagen und wir kommen in ein Ski-Ressort mit allem Schnick und Schnack. Aber auch hier verlassene Ferien- und Hotelburgen. Schön geht anders, aber die Landschaft entschädigt uns immer wieder.
Ach ja – eine bulgarische Polizeikontrolle hatten wir auch. Irgendwo im Nirgendwo mitten im Wald „lauerte“ die bulgarische Grenzpolizei. Griechenland ist nicht mehr weit. Wir wurden zur Seite gewunken, Pässe kontrolliert, dann hieß es, die hintere Luke des Mumin öffnen. Dort drin ist nur die Waschmaschine und diverser Kleinkram. Darunter eine Palette mit Red-Bull-Dosen, die wir mal höchst vorsorglich mitgenommen haben. Nach dem kontrollierenden Blick fragt Frank den Polizisten, ober er zwei Dosen davon haben möchte. Er sagt nicht nein. Red-Bull verleiht bekanntlich Flügel und ersparte uns das weitere Öffnen der diversen Mumin-Klappen. „Have a nice time in Bulgaria“ – Haben wir!!!
Im Dorf Shiroka Laka legen wir einen spontanen Halt ein. Hier erinnern uns die alten Häuser, die sich den Hang emporziehen, an Berat in Albanien. Alles eine Nummer kleiner, aber nicht minder pittoresk. Im Dorf qualmt der Grill und wir lassen uns zu einer Mittagsrast nieder. Schließlich will die bulgarische Küche verkostet werden. Nachdem wir zuvor etliche Forellen-Zuchtanlagen passierten, steht uns der Sinn nach Fisch. Hier frisch gegrillt aus dem Bach. Dazu ein Kartoffelkuchen, der einem Schweizer Rösti gleicht. Ein griechischer Salat und besonders lecker: Die kalte Joghurtsuppe mit Gurke, Dill und Walnussöl. An heißen Tagen echt erfrischend. Der Nachtisch lässt sich auch nicht lumpen – ein Bisquitkuchen mit selbstgemachter Blaubeermarmelade. Eigentlich sind wir pappsatt, aber die Fahrt geht noch weiter.
Letzte Station unserer Kurvenfahrt ist das Kloster Batschkowo. Es ist das zweitgrößte Kloster Bulgariens und dachten wir, Rila wäre schon sehr kommerziell – das hier toppt es noch. Auch hier nächtigen wir auf dem Besucherparkplatz – uncharmant aber zweckmäßig. Das Kloster ist tatsächlich sehenswert, doch um dorthin zu gelangen, muss man erst einmal durch eine Meile mit Souvenirständen. Es gibt etliche Restaurants und Bars und nach den Parkplätzen zu urteilen, steppt hier immer wieder mal der Bär. Was wir außerdem erfahren: Hier sind zwei Patriarchen bestattet, die sich 1943 mit Menschlichkeit und Mut dafür einsetzten, dass bulgarische Juden nicht ins Nazi-Deutschland deportiert wurden. Diese Info haben wir übrigens auf keiner deutschsprachigen Internetseite gefunden.
Da dies unsere letzte Station in Bulgarien sein soll, wird es auch hier Zeit für ein kleines Fazit. Das Land hat uns bislang ebenfalls gut gefallen. Auch hier ist es nur eine kurze Momentaufnahme. Armut ist – wie in fast allen Balkanländern – ein Thema. Ein Land der Gegensätze. Wunderschöne Natur, dann wieder verlassene Dörfer und Relikte des Sozialismus. Moderne, westlich orientierte Zentren und traditionelle Dörfer. Vor allem aber trafen wir in Bulgarien freundliche Menschen. Obwohl sie weniger haben als wir, scheinen sie zufrieden und begrüßen uns mit einem herzlichen Lächeln. Bulgarien ist bestimmt kein Land für deutsches Anspruchsdenken. Aber ein Land, das es sich lohnt zu entdecken.
Monika Ambos (Samstag, 02 September 2023 17:59)
Der Reisebericht ist super geschrieben und macht Lust auf mehr.