Von Istanbul zur georgischen Grenze


Nach unserem Aufenthalt in Istanbul geht die Reise weiter in Richtung Osten. Vor unserer Abfahrt erreichen uns besorgte Mitteilungen von zuhause. Dort wurden in den Nachrichten verheerende Regenfälle mit Überschwemmungen in Griechenland gemeldet. Und auch Istanbul soll davon betroffen sein mit zwei Toten. Wir hatten am Vorabend zwar ein kräftiges Wetterleuchten und zwei Regentropfen, doch der Starkregen hat wohl nur die nördlichen Stadtbezirke betroffen. Insofern – alles gut bei uns.

 

Die 1.300 Kilometer bis zur Grenze nach Georgien wollen wir überwiegend entlang der Schwarzmeerküste fahren. So verlassen wir Istanbul zunächst in nördlicher Richtung und schlagen einen weiten Bogen um die City. Dann geht es über die nördliche Bosporus-Brücke, die wir ja bereits von unserem Schiffsausflug her kennen, auf die asiatische Seite hinüber. Siles ist der westlichste Badeort an der Küste und wohl auch eine beliebte Party- und Ferienlocation. Die Straße ist deshalb auch vierspurig ausgebaut. Danach endet aber der Spaß und wir kurven und kleinen und allerkleinsten Sträßchen in eine waldreiche Berglandschaft. Die Gegend ist nur sehr dünn besiedelt, aber wirkt fast wie ein tropischer Regenwald. Durch den Starkregen des Vorabends ist es jetzt schwülwarm und dämpfig.

So bummeln wir auf der D-020 dahin, finden unterwegs ein köstliches Gözleme-Restaurant und verlieren uns in allerkleinsten Dörfern auf schlechten Straßen. Unseren auserkorenen Stellplatz auf windumtosten Felsklippen erreichen wir am späteren Nachmittag. Welch ein grandioser Aussichtspunkt!

Gegen Abend kommen die Einheimischen hierher, um zwischen den Felsen zu angeln oder einfach nur den herrlichen Sonnenuntergang zu bewundern. So kommen wir auch ins Gespräch mit einem älteren Paar, das mit seinem Sohn hier ist. Er spricht perfekt Englisch, fragt uns nach dem Wohin und Woher, gibt uns Tipps für die Route und seine Handynummer. „If you have any problems, give me a call day or night!“.

 

Wir entscheiden uns, hier auch gleich einen Haushaltstag einzulegen. Die Wäsche trocknet in der frischen Brise, wir erledigen Büroarbeit und am Abend kommen wieder Angler und beschenken uns mit Äpfeln. Wieder einmal begeistert uns die Gastfreundschaft, der wir hier begegnen.

Ein Blick auf die Landkarte zeigt uns, dass wir hier genau gegenüber der ukrainischen Stadt Odessa stehen. Luftlinie sind das nur wenige hundert Kilometer. Kaum vorstellbar, dass wir an diesem Ufer so einen friedvollen Tag am Meer verbringen können, während auf der anderen Seite ein unsinniger Krieg tobt. Reisemomente, die uns nachdenklich stimmen.


Amasra - Die Perle am Schwarzen Meer

Bei bewölktem Himmel geht es weiter in des pittoreske Küstenstädtchen Amasra. Die Fahrt dorthin ist überaus abwechslungsreich und führt uns zunächst noch entlang der Küste, dann ins Landesinnere und über ein eindrucksvolles Bergmassiv. Wir kaufen frische Melonen (köstlich!!!) bei einem Bauern am Wegesrand, durchqueren abenteuerliche Baustellen und kommen vorbei an riesigen Haselnussplantagen. Hier wächst das Rohmaterial für Nutella, Rocher und Ferrero Küsschen. Die Strecke entlang der Küste ist nicht ganz so erquicklich. Wie überall auf der Welt ist es hier ziemlich verbaut mit Einkaufszentren, Feriensiedlungen, Werkstätten und Hochzeits-Tempeln. Uns erschließt sich jedoch nicht ganz, was noch im Bau ist, was fertig ist und was wohl nie fertig werden wird. Immer wieder gibt es schöne Ausblicke, doch die Haltepunkte liegen auf der gegenüberliegenden Seite der vierspurigen Küstenstraße. Ostwärts sind die Parkmöglichkeiten rar gesät und dann auch noch komplett vermüllt. Schade.

So erreichen wir das Küstenstädtchen Amasra und beziehen dort tatsächlich einen Parkplatz DeLuxe! Direkt am Wasser mit Blick auf die Halbinsel in der Bucht. Echt schön! Wir legen nach der langen Fahrt erstmal die Beine hoch, kochen uns ein Mittagessen und starten dann zur Erkundung des Städtchens.

Trotz der touristischen Prägung gefällt es uns sehr gut. Malerisch zwischen mehreren Buchten gelegen, überragt von einer alten Wehrmauer und entlang des Hafens etliche Fischrestaurants. Hier blieben wir zwei Nächte und genießen ein wenig Urlaubsfeeling. Dazu gehört auch ein Bummel über den kleinen Bauernmarkt, auf dem die Frauen allerlei Eingelegtes, Marmelade, Honig und Gemüse anbieten. Nüsse gibt es in Hülle und Fülle. Da macht der Einkauf mal wieder Freude. Unter anderem erstehen wir frisch gestampfte Butter, die tatsächlich auch so schmeckt. Köstlich!!!

Weil der Reißverschluss meiner Hose kaputt ist, bringe ich das gute Stück noch zu einem Schneider. Der wechselt ihn für 100 türkische Lira – umgerechnet 3 Euro. Genauso viel kostet ein Bier im Restaurant. Die Inflation hier ist deutlich spürbar und zeigt sich auch an den Tankstellen. Fast täglich steigen dort die Preise. Wir fragen uns einmal mehr, wie das die Einheimischen noch stemmen können.

Wo wir beim Thema Geld sind: Unser Adrenalinspiegel steigt beim Besuch des Geldautomaten. Unsere VISA-Karte ist gesperrt. Somit wird ein SOS-Anruf in Deutschland fällig, wo wir uns natürlich erstmal durch alle freundlichen, automatischen Ansagen klicken müssen. Das Problem liegt weder bei uns, noch bei vermeintlichem Betrug oder unerklärlichen Abhebungen. Nein – die Ursache ist mal wieder ein Post-Rückläufer an die Bank. Ist leider nicht das erste Mal und wir fragen uns erneut, wofür wir eigentlich eine teure Postumleitung einrichten, die nie – aber auch wirklich NIE – reibungslos funktioniert.

 

Genug gemeckert, das Problem ist gelöst und der Aufenthalt in Amasra doch noch entspannt. Wir sitzen am Meer, lauschen den Klängen der Partyboote, genießen den Sonnenuntergang und werden von den Rufen des Muezzins geweckt. Die klingen hier in der Türkei irgendwie melodiöser und schöner als in Marokko. Von dort erreichen uns die Nachrichten des schweren Erdbebens. Unsere Gedanken und Mitgefühl sind bei den Menschen dort. Solche Katastrophenmeldungen bekommen nochmals eine ganz andere Qualität, da wir die Region kennen und eine persönliche Beziehung dazu haben.


Von Amasra zum Horma-Canyon

Nach dem hübschen, aber insgesamt doch etwas trubeligen Amasra steht uns nun der Sinn nach ruhigeren Gefilden. Über die Stadt Bartin steuern wir den Horma-Canyon an. Ein Tipp der beiden youtuber ReiseVanaten Evi und James, die uns mit ihren Türkei-Filmen einige Inspirationen lieferten.

Rund 100 Kilometer liegen vor uns, etwa 80 davon führen uns hinein in die Bergwelten des Nationalparks Küre Dağlari Milli. Wir kommen durch enge, einsame Bergdörfer, kämpfen uns hinauf auf Passhöhen von 1.050 Metern und kurven auf teils schmaler, teils holpriger, teils asphaltierter Piste wieder talwärts.

Die Landschaft wirkt in Richtung Pinarbaşi zunehmend „bearbeitet“ und von Menschenhand umgekrempelt. Erst denken wir, eine Flut hätte das idyllische Flusstal heimgesucht, denn die Straßenränder sind teils abgebrochen. Doch dann sehen wir eine riesige, im Bau befindliche Staumauer. Offenbar werden hier Flussläufe umgeleitet oder für den Straßenbau trockengelegt. Ein gigantisches Projekt, wie es scheint.

Am Horma-Canyon finden wir mit einem riesigen Parkplatz beste Voraussetzungen für eine ruhige Nacht. Die Grillhütten sind zwar noch mit türkischen Familien belegt und es sind auch einige Sonntagsausflügler da, doch der Besucheransturm hält sich doch in Grenzen.

 

Nach einer Siesta machen wir uns auf den Weg zur Erkundung des Canyons. Über spektakuläre Holzstege, steile Treppen und Hängebrücken geht es rund vier Kilometer hinein in diese eindrucksvolle Schlucht. Wahrlich atemberaubend, was Mutter Natur mit der Kraft des Wassers erschaffen hat. Am Ende erwartet uns ein Wasserfall mit Souvenirbuden und einem Getränkeverkauf. Viele Einheimische nehmen ab hier ein Taxi zurück zum Parkplatz, wir marschieren den gesamten Weg wieder hinauf und genehmigen uns zur Belohnung eine Portion Gözleme mit Tee.

 

Zurück am Mumin kommen wir noch ins Gespräch mit einem deutsch-türkischen Paar, das mit der Rente zurück in die Türkei gekehrt ist. Sie geben uns den Tipp zum Valla-Canyon, der – und das finden wir im Internet bestätigt – der weltweit zweittiefste Canyon sein soll. Die Schlucht ist aber noch nicht vollständig erschlossen und dort soll wohl so eine Art Skywalk und eine Zipline kurz vor der Fertigstellung sein. Das schauen wir uns am nächsten Tag dann mal genauer an.


Noch mehr Schluchten und eine Prise Safran

Nach einer erholsamen Nacht in frischer Bergluft, ohne Muezzin und Müllabfuhr, starten wir gut ausgeruht zur Erkundung des Valla-Canyon. Gut 20 Kilometer sind zu bewältigen. Erst ist die Straße gut ausgebaut, dann eine löchrige Asphaltdecke und schließlich mit Knochensteinen gepflastert. Wer mag diese kilometerlange und steile Straße wohl in mühevoller Arbeit gebaut haben? Wir arbeiten uns langsam, aber stetig bergauf. Knapp einen Kilometer vor unserem Ziel wird es richtig eng und steil. Leider lässt sich auf dem Google-Satellitenbild nicht erkennen, was uns da erwartet. Also bin ich bin das Vorauskommando und gehe zu Fuß voran. Fahrbar wäre es für den Mumin, aber es gibt keine Ausweich- oder Wendemöglichkeiten bei eventuellem Gegenverkehr, von einem Parkplatz ganz zu schweigen. Dann stehe ich vor einem riesigen Kangal. Groß und mächtig liegt er mitten auf dem Weg und guckt er mich an. Weiterlaufen oder den kontrollierten Rückzug antreten? Kein Mensch weit und breit. Ich zolle dem Riesen den nötigen Respekt und marschiere zurück. Wir kapitulieren – kein Valla-Canyon.

Aber es gibt Alternativen. Auf ordentlicher Straße rollen wir gut 80 Kilometer weiter gen Safranbolu. Dort gibt es ebenfalls einen Canyon, nicht ganz so spektakulär, aber mit Skywalk, Zipline und Ziel vieler asiatischer Reisegruppen. Auch wir klettern hinunter, spazieren durch üppiges Grün, trinken ein Glas Çay und fahren noch ein paar Kilometer weiter in die Stadt Safranbolu. Dort beziehen wir einen Stellplatz in wunderbarer Aussichtslage und sind schon vom ersten Eindruck überwältigt.

Am nächsten Morgen sind wir bereits gegen 9 Uhr bereit für unseren Bummel durch die UNESCO-gekürte Stadt. Genau die richtige Zeit, denn die ersten Händler im sehenswerten Bazarviertel öffnen gerade ihre Läden und sind noch am Aufbauen ihrer Auslagen. Somit haben sie noch keine Zeit für aufdringliches Werben. Touristen sind auch noch keine unterwegs, in den Cafés sitzen ältere Herren beim ersten Çay und genehmigen uns in der ehemaligen Karawanserei einen türkischen Mokka.

 

Safranbolu war einst eine wichtige Station auf der Seidenstraße und ist bekannt für den Anbau von Safran. Eine süße Leckerei ist Lokkum, das wir in Rosenblüten gehüllt zum Kaffee gereicht bekommen. Hier gefällt es mir, auch wenn der Ort fest in der Hand asiatischer Reisegruppen ist.


Von Safranbolu zum Felsenkloster Sumela

Es wird Zeit, ein wenig Strecke zu machen. Knapp 800 Kilometer trennen uns vom Kloster Sumela, das noch auf unserer Sightseeing-Liste in der Schwarzmeerregion steht. Zwei Tage benötigen wir dafür. Die erste Etappe ist landschaftlich überaus abwechslungsreich und auch gut ausgebaut. Sie führt uns hinauf auf Pässe in 1.200 Metern Höhe und wieder hinunter in grüne, fruchtbare Flusstäler. Wir durchqueren die Region des Knoblauch-Anbaus. Überall wird die Knolle an den Straßenrändern verkauft und in der Luft liegt ein würziger Duft. In einem Ort ziert der Knoblauch sogar einen Kreisverkehr.

Weiter geht es durch Tagebergbau-Gebiete, dann eine Region, die völlig rot eingestaubt ist. Ziegel- und Backsteinfabriken verarbeiten den Ton, der hier abgebaut wird. Die Landschaft sieht ziemlich durchwühlt aus und wir vermögen nicht zu sagen, ob die bizarren Termitenhügel menschengemacht, oder einfach von der Natur erodiert worden sind.

Dann geht es talwärts und wir können wieder das Meer sehen. Auf dem vierspurigen Küsten-Highway fahren wir nun in Richtung Samsun. Unterwegs begegnen wir so vielen Polizei- und Verkehrskontrollen, wie noch nie zuvor auf unserer Reise. Doch wir bleiben unbehelligt. Im Gegenteil. Sobald wir als Touristen zu erkennen sind, blicken die Gendarmen geflissentlich auf ihre Handys oder wenden sich ganz ab.

In einem Vorort von Samsun beziehen wir einen schönen Strand-Parkplatz und unternehmen nach dem langen Fahrtag noch einen Spaziergang am Wasser. Beim Feierabend-Çay lassen wir den Reisetag ausklingen.

Der zweite Fahrtag umfasst nochmals 400 Kilometer, die wir auf der Küstenschnellstraße zurücklegen. Obwohl gut ausgebaut, ist an ein schnelles Vorankommen eher nicht zu denken. Immer wieder gibt es Ortsdurchfahrten mit Ampelkreuzungen und Geschwindigkeitsbegrenzungen. Die Region ist ziemlich verbaut mit Hochhäusern, die sich an den Berghängen emporziehen. Wir hoffen nur, dass hier erdbebensicher gebaut wurde. Dazwischen gibt es teilweise hübsch angelegte Strandpromenaden, aber so wirklich badetauglich erscheint uns dieser Küstenabschnitt nicht.

Dann durchqueren wir eine weitere Haselnuss-Anbauregion. Überall sind die Nüsse zum Trocknen ausgebreitet. Dafür muss dann auch mal die Strandpromenade herhalten. Die Bauern campieren teilweise direkt neben ihrer mühsam eingebrachten Ernte.

So erreichen wir die Stadt Trabzon mitten in der Rushhour. Hier zweigen wir ab ins Landesinnere zum Kloster Sumela. Die Strecke hinein ins Tal ist geprägt von Industriegebieten. Alle LKW-Marken sind hier mit Werkstätten vertreten. Dann folgen PKW-Werkstätten, dann Reifenhändler, Schrottplätze, Schreinereien – ich denke, hier lässt sich jedes Problem lösen.

Der Ort Maçka ist dann vollkommen verstopft mit Autos, Kleinbussen, Reisebussen, LKWs, Fußgängern und, und, und. Die Stadt ist der erste oder auch letzte Ort auf dem Weg zum Kloster Sumela. Chaos pur. Wir kämpfen uns durch bis ganz nach oben. Es wird bereits dämmrig und wir sind noch auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz. Der offizielle Klosterparkplatz ist bereits geschlossen. Somit folgen wir der SEHR steilen Straße Kurve um Kurve weiter nach oben. Irgendwann ist sie nur noch unbefestigte Piste. So gelangen wir schließlich an den Abzweig zum Kloster, der eigentlich nur noch Shuttle-Kleinbussen vorbehalten ist. Ein netter Wachmann (Iraner) spricht mit den Fahrern und wir dürfen über Nacht hier oben auf der einzig ebenen Stellfläche stehen bleiben. Was für ein Glücksfall. Mit Einbruch der Dunkelheit sind wir hier ganz allein. Und es ist wirklich stockfinstere Nacht. Unter uns rauscht der Gebirgsbach, über uns leuchten die Sterne und es wird zapfig kalt. Immerhin stehen wir auf rund 1.350 Metern Höhe.

Am nächsten Morgen sind wir bereits um 8.30 Uhr am Kloster. Doch von wegen der frühe Vogel und so… die ersten Reisegruppen sind bereits da und stürmen das spektakuläre Felsenkloster mit der wechselvollen Geschichte. Der Besuch in diesem Adlerhorst lohnt sich trotzdem. Das ehemals griechisch-orthodoxe Kloster aus byzantinischer Zeit klammert sich rund 270 Meter oberhalb einer Schlucht an die senkrechten Felsen. Einer Legende zufolge soll hier eine Ikone, die vom Evangelisten Lukas gemalt wurde, in einer Höhle versteckt worden sein. Im Laufe seiner Geschichte erlebte es immer wieder Zerstörungen und Plünderungen, Wiederaufbau und Blütezeiten. Heute ist es ein Nationaldenkmal und wurde von der türkischen Regierung umfangreich restauriert. Wir können noch einige der alten Fresken bestaunen. Beeindruckend sind auch die Hangsicherungen oberhalb der Klostergebäude. Ein absolutes Highlight hier in der Region, das man trotz des touristischen Andrangs gesehen haben sollte.


Vom Kloster Sumela über Rize an die georgische Grenze

Unsere vorerst letzte Station in der Türkei ist die Hauptstadt des Teeanbaus Rize. 120 Kilometer liegen vor uns und unterwegs erstehen wir in einem kleinen Laden noch frisches Obst und Gemüse, Eier und frische Butter. Der Klotz wiegt tatsächlich ein Kilo und ist noch nach alter Väter Sitte hergestellt. Nix mit Sauerrahmbutter, homogenisiert und streichzart. Echte Butter eben!

Dann rollen wir weiter entlang dem Küsten-Highway und können schon bald die Teeplantagen erkennen, die sich an den steilen, fast senkrechten Berghängen emporziehen. Unten in den Städten rauchen die Kamine der Teefabriken. Da kommt fast ein wenig Nepal-Feeling auf.

 

In Rize beziehen wir Quartier auf einem riesigen Hafen-Parkplatz ohne viel Flair. Herr Erdogan schaut uns auf einem Promotion-Fahrzeug neben uns direkt beim Mittagessen zu. Frank montiert seine Ersatz-Kennzeichen, dann schauen wir uns das Hafenquartier ein wenig genauer an. Hier steht ein überdimensionales Teeglas, drum herum ein Tee-Bazar mit Läden aller namhaften Teeproduzenten. Das Teeglas ist zugleich ein Aussichtsturm. Hier lassen wir es uns natürlich nicht nehmen, uns die Szenerie von oben anzuschauen. Nicht zu verachten!

Im Inneren schlendern wir Etage für Etage tiefer. Bei unserem Besuch war hier eine sehenswerte Fotoausstellung rund um das Thema Tee zu sehen. Selbstverständlich trinken wir uns mal durch die verschiedenen Sorten und befinden den Grüntee als richtig gut. Davon wandert etwas in den Vorrat. Am Abend erwacht unser Teeglas erst so richtig zum Leben. Dann glitzert und leuchtet es in allen Farben und wir dürfen über eine eindrucksvolle Lightshow staunen. Begleitet von immer neuen Farbspielen fallen wir dann auch ziemlich müde in die Federn.

Am nächsten Morgen überlegen wir noch kurz, einen Abstecher in die Berge zu machen. Doch die Straßen zu den Teeplantagen sind nicht wirklich LKW-tauglich und auch das von arabischen Touristen geprägte Bergdorf Ayder soll nicht wirklich Camper geeignet sein. Insofern nehmen wir die restlichen 120 Kilometer bis nach Batumi in Georgien unter die Räder. In Pazar legen wir einen Werkstatt- und Einkaufsstopp ein. Die passenden Schrauben für die Ersatzkennzeichen kosten uns zwei Red-Bull-Dosen und in einer Kooperative können wir die Grundnahrungsmittel für das Familientreffen in Georgien einkaufen.

Es läuft gut, bis wir von einem Erdrutsch ausgebremst werden. Die Baustelle erinnert uns einmal mehr an Marokko. Unten wird gebaggert und oben rutscht der Berg. Ein findiger Händler verkauft schon mal Tee an die Wartenden im Stau.

Etwa 20 Kilometer vor der Grenze beginnt der LKW-Rückstau. Kennzeichen aus allen STAN-Staaten und auch viele russische Fahrzeuge sind dabei. Wir schleichen uns daran vorbei, dann ein letzter Tunnel und wir sind an der Grenze. Ein freundlicher Zöllner winkt uns zur Seite, ich muss aussteigen und durch die Personenkontrolle. Frank und der Mumin gehen einen anderen Weg.

 Die Hallen gleichen einem Flughafen-Terminal. Lange Laufbänder, kaum Personen, leere Gänge. Dann wird mein Pass von türkischer Seite ausgestempelt, ich muss meinen Namen sagen und werde erneut fotografiert. Weiter geht es durch endlose Gänge, dann erreiche ich die georgischen Beamten. Ein freundliches Lächeln, ein neuer Stempel im Pass – ich bin durch.

Bis sich die Schranke auch für Frank und den Mumin öffnet, dauert es eine ganze Weile. Ich nutze die Zeit, tausche schon mal Geld in georgische Lari und staune über das Verkehrschaos auf georgischer Seite. Es wird gehupt und gewunken, man will mir eine Fahrzeugversicherung andrehen und eine Taxifahrt nach Batumi anbieten. Während ich da so warte, hält neben mir ein mattbrauner SUV der Luxusklasse mit getönten Scheiben und russischem Kennzeichen. Ihm entsteigen vier Passagiere vom Typ Türsteher mit verspiegelten Sonnenbrillen, Zigarette im Mundwinkel und einen Mops als Schosshündchen im Arm. Wild gestikulierend zücken sie goldene Handys und marschieren in Richtung Wechselstube. Gemäß einem alten Spruch von Mark Twain ist Reisen nicht nur tödlich für Vorurteile, manchmal werden sie auch bestätigt.

Nun sind wir also nach gut 4.200 Kilometern in Georgien angekommen. Wir sind gespannt, was uns hier so alles erwartet und werden weiter berichten. In diesem Sinne – bleibt uns gewogen 😉

 



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