Nach dem Abstecher auf die Insel Öland wieder auf dem Festland angekommen, geht für uns die Reise weiter durch das sogenannte »Glasreich – Glasriket«. Die Dichte an Glashütten, Glasbläsereien und Glaskünstlern ist hier in der Provinz Småland besonders hoch. Die Glastradition begann bereits im Jahr 1742. Småland bot mit reichen Holzvorkommen und Sand die Rohstoffe für die Glasherstellung. Zudem bot sie Arbeitsplätze in der wirtschaftlich eher armen Region. Glas wurde somit zu einem zentralen Industriezweig, dessen Blütezeit im 19./20. Jahrhundert lag. Später entwickelten sich einige Glashütten zu Zentren der Glaskunst mit international renommierten Designern und Künstlern. Das möchten wir uns sehr gerne genauer anschauen.
Die Stadt Nybro ist das Tor zum Glasreich und wir besuchen eine der ersten Glashütten. Dort ist man aber wohl schon im Freitag-Feierabend-Modus, die Glasbläser sind am Zusammenräumen und auch der Shop ist eher so-lá-lá. Da hätten wir uns etwas mehr erwartet. Allerdings ist Nybro auch der Standort des Design-Archives mit jungen Studierenden und Azubis.
Wenige Kilometer später begeistert uns die Boda Glasbruk deutlich mehr. Es gibt ein sehenswertes Museum mit interaktiven Stationen, junge Künstler bei der Arbeit und Glaskunst vom Feinsten in der Ausstellung.
Unser Nachtlager schlagen wir schließlich völlig unromantisch beim Outlet-Center in Kosta auf. Die Glashütte Kosta Glasbruk ist die älteste und bis heute auch eine der bekanntesten Marken. Rund um die historische Glashütte hat sich das Outlet-Center angesiedelt, das für einen Freitag Spätnachmittag überraschend ausgestorben wirkt. Auf dem riesigen Parkplatz stehen zwei weitere WOMOs, beim Bummel durch das Center sind wir so gut wie allein und viele Shops sind bereits geschlossen. Bei Fiskars wandern aber ein Eiskratzer für den Notfall sowie Souvenirs für den Mumin in den Einkaufwagen.
Wieder einmal verbringen wir eine überraschend ruhige Nacht und machen uns gleich um 10 Uhr auf den Weg zur Glashütte. Hier schauen wir uns die Ausstellung mit feinster Glaskunst an. Leider bewegen sich die Preise utopisch weit außerhalb unseres Reisebudgets. Schön anzuschauen sind die faszinierenden Stücke dennoch. Auf dem Gelände findet zudem ein kleiner Ostermarkt statt, wir machen Halt in einer mobilen Kaffeebar und kommen ins Gespräch mit der Betreiberin als auch mit einem freundlichen Niederländer. Er ist Gärtner und bringt gerade den Garten und die Obstbäume im Sommerhaus eines Freundes auf Vordermann. Immer wieder interessant, welchen Menschen man so begegnet.
In Kosta beenden wir vorsichtshalber den Shopping-Rausch und machen uns auf den Weg ins Astrid-Lindgren-Land. Etwa 120 Kilometer fahren wir durch Wälder, Wälder und nochmals Wälder. Einen Elch bekommen wir hier nicht zu Gesicht, wohl aber zahlreiche Hinweisschilder, die vor Wildwechsel warnen.
Auf Google hatte ich ein Lönnenberga-Freilichtmuseum entdeckt, das wir als erstes ansteuern. Es liegt etwas versteckt, erfüllt unsere Erwartungen dann aber doch nicht so ganz. Es scheint sich eher um eine Art Midsommer-Festplatz zu handeln. Landschaftlich sehr schön, mehr aber auch nicht.
In Lönneberga treffen wir dann auch unseren Helden aus der Kindheit wieder. Michel heißt hier Emil und am Ortseingang steht auch ein Schuppen. Leider verschlossen. Somit geht es weiter nach Bullerbü. In Wahrheit heißt der Ort Sevedstorp, wurde aber für die Dreharbeiten der Filme über die Kinder von Bullerbü auserkoren. Die hübschen Gebäude wecken tatsächlich Erinnerungen. Sie sind jedoch in Privatbesitz und können nicht besichtigt werden. Eine Art Schnitzeljagd mit Quizfragen zu den Filmen führt durch den Ort und somit wird der Rundgang zu einem unterhaltsamen Rätselraten. »Weißt du noch…?«
Wir lassen es uns nicht nehmen und übernachten auf dem Schotterparkplatz am Rand von Bullerbü. Dort kommen wir ins (kurze) Gespräch mit Elke und Herbert aus Reutlingen. Sie waren früher mit einem Rundhauber unterwegs und sind jetzt mit ihrem Sprinter unterwegs ans Nordkap. Wieder einmal ein netter Austausch unter Gleichgesinnten.
Die Sonne scheint und wir setzen unsere Zeitreise durch unsere Kindheit und das Land der Astrid Lindgren fort. Erster Halt des Tages ist die nur wenige Kilometer entfernte »Småland Filmbyn«. Eine Ausstellung mit den Filmstudios, Requisiten und zahlreichen Filmausschnitten. Ein sehr kurzweiliger Rundgang, bei dem wir im interaktiven Studio die Suppenschüssel zerdeppern, den kleinen Onkel streicheln, Tränen lachen und in Erinnerungen schwelgen. Einfach schön und die Geschichten sind immer noch zeitlos aktuell.
Das hier ist übrigens die schwedische Kaffeepause Fika. Man kann sie morgens, mittags oder abends einlegen. Zeit für einen Kaffee ist eigentlich immer und dazu gehört dann auch gerne eine Zimtschnecke Kanelbulle.
In der Stadt Vimmerby besuchen wir das Geburtshaus von Astrid Lindgren. Leider sind ihr Elternhaus, das ein Museum sowie mehrere Gärten umfasst, noch in der Winterpause. Auch die Stadt selbst gibt außer einigen netten Holzhäusern nicht viel her, so dass wir schnell weiterfahren zum Katthult-Hof. Ja, auch den gibt es wirklich. Auf dem Parkplatz treffen wir eine junge Frau aus dem Raum Nürnberg. Ihren Namen haben wir gar nicht erfragt oder – schlimmer noch – vergessen. Sie ist mit Hund und ihrem Van allein unterwegs und wir bummeln gemeinsam durch den Katthult-Hof. Auch hier sind die Häuser in Privatbesitz. Doch ähnlich wie in Bullerbü sind überall Schilder und (deutschsprachige) Erklärungen zu den Drehorten und den Filmszenen. Selbst der Fahnenmast steht da, an dem Klein-Ida Sicht bis nach Mariannelund hatte 😉
Nach einer Kaffeepause auf dem Parkplatz trennen sich die Wege wieder. Wenn du Unbekannte dies hier auf dem Reiseblog liest, nochmals Danke für das nette Gespräch. Für uns geht es nun weiter in die Wildnis Smålands. Ein Urwald, Kraniche und versteckte Seen warten darauf, von uns entdeckt zu werden. Mehr davon beim nächsten Mal.