Beim Frühstück versuchen wir uns ein wenig zu sortieren und Pläne für unsere Zeit in Serbien zu machen. Da es morgens um 9 Uhr bereits 30 Grad hat, fällt schon mal das Sightseeing in Subotica aus. Schade, den, denn was wir bereits hier in Palić am See sehen, gefällt uns sehr gut. Die Architektur ist noch von den Habsburgern geprägt, es gibt hübsche alte Villen im Bäderstil und auch die Stadt selbst soll einiges an eindrucksvollen Jugendstilbauten zu bieten haben. Wir merken uns das, für einen eventuellen späteren Aufenthalt.
Somit heißt es ab auf die Autobahn in Richtung Novi Sad. Unterwegs wird Geld gewechselt und das Mautsystem funktioniert hier wie in Frankreich. Ticket ziehen, fahren und an der Ausfahrt bezahlen. Alles sehr transparent ausgeschildert und abgerechnet. Nix mit Mautbox und Co. Sehr erfreulich!
Bei unseren Planungen sind wir hin-und-her-gerissen, ob wir links in Richtung Donau abbiegen oder lieber entlang unserer Hauptroute weiterfahren sollen. An der Donau gäbe es mit der Burg Golubac, dem Eisernen Tor und diversen Ausgrabungsstätten einiges zu entdecken. Aber wir würden sicherlich Gefahr laufen, uns ein wenig zu verzetteln. In Bulgarien haben wir ja auch noch einiges auf der Liste und zu meinem Geburtstag wollen wir in Istanbul sein. Die Zeit drängt also ein wenig.
Somit gewinnt Novi Sad, doch die Parkplatzsuche gestaltet sich schwierig. Die 38-Grad-Marke ist auch geknackt und wir beschränken uns auf eine klimatisierte, dreimalige Überquerung der Donau auf verschiedenen Brücken. Wir erhaschen Ausblicke auf eine der wohl eindrucksvollsten Festungen Europas, auf die im Balkan-Krieg zerbombte Donau-Brücke und auf die Skyline der Stadt. Fotos haben wir vergessen, aber es sieht alles ziemlich genial aus!
Südlich von Novi Sad liegt der kleine Nationalpark Furka Gora oder „Frankenwald“, wie er zur Zeit der Habsburger hieß. Ein kleiner Höhenzug, der von Wanderwegen durchzogen ist und auf dessen Südseite Wein und Obst angebaut wird. Hinauf geht es auf einer ziemlich schlechten und kurvigen Straße. Doch die Chinesen graben bereits an einem Tunnel durch das Bergmassiv, so dass man hier wohl bald unten durch rauschen kann. Auf dem Pass gibt es eine sozialistische Gedenksäule aus dem Zweiten Weltkrieg, drum herum ein weitläufiges und schönes Picknickareal mit schattigem Wald. Wir legen eine Pause ein und rollen wieder bergab, um auf die Autobahn nach Belgrad zu treffen. Doch uns erwartet eine riesige Baustelle, die Auffahrt gibt es nicht und die Umleitung kapieren wir nicht. Wir fahren ein wenig ziel- und planlos über schlechte Straßen und eine von riesigen Getreidefeldern geprägte Landschaft. Dann ist es doch noch geschafft und wir treffen die Autobahn.
Belgrad muss angesichts der Temperaturen ebenfalls auf unseren Besuch verzichten. Stattdessen steuern wir weiter südlich das Kloster Manasija bei Despovac an. Die 30 Kilometer ab der Autobahn sind nochmal ein echtes Abenteuer. Die Straße wird gerade erneuert und ist eine einzige Baustelle. Mit Ampelregelung. Doch ROT ist hier in Serbien nur eine Empfehlung. Es hält sich niemand daran. Während wir artig an der Ampel warten, werden wir überholt und alle rauschen irgendwie durch die Baustelle durch. Also passen wir uns einfach mal dem Verkehrsfluss an und siehe da – es klappt!
Die Dörfer hier auf dem Land erinnern uns an Rumänien. Viele Zäune, teils hübsch und gepflegt, teils aber auch marode und verfallen. Immer aber mit einem Bänkle vor dem Haus. Auch die Verkehrsteilnehmer sind gemischt und auf den Straßen tummeln sich Fußgänger, Radfahrer, Mopeds und tollkühne Autofahrer. Balkan-Style eben.
Dann ist das Kloster Manasija erreicht. Wir schauen uns die serbisch-orthodoxe Anlage aus dem 15. Jahrhundert an. Das Ganze mutet eher wie eine mittelalterliche Burg an, in deren Innerem versteckt die Klosterkirche erbaut wurde. Es ist gerade Gottesdienst und wir lauschen von außen den orthodoxen Gesängen. Alles ist sehr gepflegt renoviert, mit prächtigen Ikonen und Mosaiken.
Zurück am Mumin ist es mal wieder viel zu heiß und wir genießen ein abendliches Picknick an den Bänken am kleinen Bach neben dem Besucherparkplatz. Es dauert nicht lange, dann werden wir von einem jungen Mann angesprochen. Er fragt uns nach dem Woher und Wohin, gibt uns Tipps zu seinem Land und freut sich, dass es uns hier gefällt. Wieder eine dieser schönen Begegnungen mit den Einheimischen, die uns auf unseren letzten Reisen etwas gefehlt haben. Wir treffen hier auf Menschen, die offen und freundlich sind, sich für uns interessieren und uns gerne etwas von ihrem Land weitergeben. Wie heißt es doch immer so treffend: „Reisen ist gefährlich für Vorurteile“.
Unsere letzte Stadt in Serbien ist schließlich Niš, wo wir uns den berühmten Schädelturm anschauen. Zwar hatten wir etwas mehr erwartet, die Kapelle wird gerade modernisiert, aber die freundliche Dame am Eingang erklärt uns die Hintergründe der Geschichte. Der Turm wurde von den Osmanen aus Knochen und Schädeln serbischer Rebellen erbaut, die bei einer Schlacht im Jahr 1809 gefallen waren. Einst ließ der Pascha aus Zorn darüber, dass er die Schlacht zwar gewonnen, aber über 10.000 eigene Soldaten verloren hatte, die Rebellen enthaupten und deren Schädel in einem Turm einmauern. Es sollen über 950 gewesen sein. Heute sind davon noch etwa 60 zu sehen. Etwas makaber, aber trotzdem interessant.
Auch die Stadt Niš erschwert uns die Weiterfahrt durch Baustellen-Chaos, doch wir finden irgendwie wieder zurück auf die Autobahn. Waren es dort bislang chinesische Firmen, die mit dem Neubau von Autobahnen und Brücken für eine entsprechende Infrastruktur sorgten, sind es jetzt russische Konsortien. Erkennbar an den russischen Flaggen und kilometerlangen Lärmschutzwänden in den Farben Russlands. Dazu die Gazprom-Rastanlagen. Alles irgendwie protzig und das Ganze hat ein „Gschmäckle“, wie wir sagen würden. Europa hat hier echt etwas verpasst und hätte sich mehr für die östlichen Länder ins Zeug legen sollen.
So rollen wir dahin und erreichen bald die bulgarische Grenze. Für uns Zeit, ein erstes Fazit für Serbien zu ziehen. Zwar war es sicherlich nur eine Momentaufnahmen, was wir in diesen zwei Tagen zu sehen bekamen. Doch das Land hat uns mit seinen Menschen sehr und vor allem positiv überrascht. Die Regionen machen neugierig auf mehr und wir sind uns sicher, dass wir Serbien sicherlich noch einmal mehr Aufmerksamkeit schenken werden, wenn es die Umstände zulassen. Die Zeit und nicht zuletzt die hohen Temperaturen ließen aber leider nur wenig Sightseeing-Motivation aufkommen.