Mit dem Mumin auf dem Jakobsweg - Ein kleiner Rückblick

Zunächst muss ich ein dickes "Mea Culpa" vorausschicken. Lange war es ruhig um uns, die Reise durch den Norden Spaniens liegt längst hinter uns und inzwischen schreiben wir bereits das Jahr 2025. Die Reiseberichte und unseren Blog habe ich sträflich vernachlässigt. Gründe dafür gab es gleich mehrere.

Nachdem unsere Familienzeit in Andalusien zu Ende war, ging es mit Volldampf weiter mit der Recherche für den WOMO-Reiseführer Nordspanien. Ein wenig saß uns der Herbst im Nacken und wir mussten ziemlich Gas geben, um alle Things-to-See-Dinge abzuarbeiten. Da blieb einfach zu wenig Energie, um auch noch den Reiseblog mit Inhalt zu füllen.

Mitte November waren wir dann wieder zuhause und dort ging es dann fast nahtlos in die Schreibtisch-Klausur. Der Reiseführer wollte geschrieben, Karten gezeichnet, Bilder bearbeitet und letztlich alles in ein hübsches Layout gebracht werden. Aber jetzt ist es geschafft und das Senden-Knöpfchen wurde gedrückt. Wenn alles klappt, kommt unser "Baby" Ende April in den Handel. Da lassen wir schon mal die Sektkorken knallen.

 

Neben der Arbeit am Buch warteten zuhause die Advents- und Weihnachtsvorbereitungen auf uns. Immer wieder kommt das Fest überraschend, doch auch diesmal konnten wir die Zeit mit unseren Mädels und ihren Freunden in vollen Zügen genießen. Verbunden mit vielen liebgewordenen Traditionen möchten wir die Weihnachtszeit zuhause nicht missen, auch wenn wir auf unseren Reisen vielen "Weihnachtsflüchtlingen" begegenen.

Die ersten Monate des neuen Jahres waren geprägt von unseren Reisevorträgen, dem Messedienst auf der CMT und ganz nebenbei auch noch der Renovierung unseres Bades. "Altersgerecht" ist es jetzt, sieht aber mega-cool aus ;))) Soviel also zu unserer/meiner Entschuldigung für die Vernachlässigung unseres Reiseblogs. Für die kommende Reise gelobe ich Besserung!!!


Bei der Arbeit am Buch konnte ich in den letzten Monaten unsere Nordspanien-Reise nochmal sehr intensiv Revue passieren lassen.Über weite Strecken folgten wir dort den Wegen der Jakobspilger. Ein Sehnsuchtsziel von mir und eigentlich hatte ich (Ulli) mir vorgenommen, selbst eine Etappe zu Fuß zu gehen. Aber auch das hat leider nicht geklappt. Trotzdem konnten wir einige Eindrücke vom Weg aller Wege gewinnen, der auch uns nicht unberührt gelassen hat. Obwohl wir "nur" mit dem Mumin unterwegs waren. Das hat mich jetzt zu diesem letzten Kapitel veranlasst, mit dem ich unsere Nordspanien-Tour im Rückblick abschließen möchte.

Genau genommen zäume ich das Pferd jetzt von hinten auf. Nach unserer Rückkehr aus Andalusien ging es mit der Recherche in Galicien weiter. Dieser Landstrich hat mich persönlich wohl am meisten beeindruckt. Die wilde Costa da Morte - die Todesküste - empfing uns mit Wind, Wellen, etlichen Buchten, Leuchttürmen und eben auch mit dem Ziel der Jakobswege in Santiago de Compostela

Unsere und insbesondere meine Erwartungen an die legendäre Stadt waren hoch. Als wir dann aber auf dem großen Vorplatz der Kathedrale stehen, überkommen mich dann doch zwiespältige Gefühle. Auf der Praza do Obradoiror kommen alle zusammen, die aus den unterschiedlichsten Motiven Santiago de Compostela besuchen. Pilger, Touristen, Reisende aus aller Welt. Und wir mittendrin. Empfangen werden wir mit einer Kakophonie von Geräuschen. Die Klänge eines Dudelsackpfeifers mischen sich mit dem Kreischen von Schulklassen und dem Bimmeln des Touristenzuges. Fremdenführer mit Fähnchen in der Hand versuchen das Ganze mit Durchsagen am Mikrofon zu übertönen. Dazu der überwältigende Anblick auf die Westfassade der Kathedrale mit den beiden Zwillingstürmen und dem Standbild des Jakobus auf dem Mittelgiebel. Wir müssen ein wenig innehalten, um die Eindrücke zu sortieren. So geht es wohl auch vielen Pilgern, die sich weinend in den Armen liegen oder still in sich gekehrt auf dem Platz sitzen.

Wir besuchen auch die Pilgermesse um 12 Uhr. Die Kirche ist voll, der Gottesdienst wird feierlich zelebriert und die Pilger, die am Vortag in Santiago de Compostela eingetroffen sind, werden namentlich in mehreren Sprachen begrüßt. Aber auch hier fehlt mir der gewisse "Gänsehaut-Moment". Ja, es gibt berührende Szenen, aber auch ein Asiate, der ungeachtet der Regeln pausenlos mit seinem Handy telefoniert. Draußen scheppern die Gerüstbauer lautstark auf der Baustelle. Einige Gottesdienstbesucher laufen ständig hin und her, es ist unruhig und das Ganze mutet eher an wie ein großes Happening. Irgendetwas fehlt mir hier. Vielleicht liegt es einfach auch daran, dass ich nicht die Mühen eines langen Fußmarsches hinter mir habe. Doch der berühmte Funke vermag angesichts der gnadenlosen Kommerzialisierung nicht überzuspringen.

Viele Pilger verlängern ihren Weg noch bis ans berühmte "Ende der Welt" Fisterra und in das Küstenstädtchen Muxía. Letzteres ist mit der Wallfahrtskirche A Virxe da Barca eines der bedeutendsten Pilgerziele Galiciens und erfreut sich ebenfalls eines regen Besucheraufkommens. An der Landspitze angekommen, werden wir zunächst überwältigt vom touristischen Trubel. Der Parkplatz ist voll und mehrere Reisebusgruppen ziehen lärmend an den Souvenirständen vorbei, so dass es mit der besinnlichen, stillen Einkehrstimmung nicht allzu weit her ist. Wir sehen aber auch einige Jakobspilger, die diese letzte Etappe  auf sich genommen haben. Sie sitzen etwas abseits auf den Klippen, schauen hinaus auf die tosende Brandung und hängen ihren Gedanken nach. Was mag wohl in ihren Köpfen vor sich gehen?

Ein wenig spiritueller ist unser Besuch in Fisterra. Hier, 134 Meter über dem Meeresspiegel, sind wir nun angekommen am berühmten »Ende der Welt«. Vieles haben wir schon darüber gelesen und recherchiert, viele Erwartungen hatten wir an diesen Ort. Und so ist es auch für uns ein besonderer Moment, an diesem Punkt zu stehen. Etwas abseits vom Trubel, an der Klippe unseres Parkplatzes, ist der Moment des Innehaltens in aller Ruhe möglich. Wir sind überwältigt vom Ausblick und den Wellen, die tief unter uns an die Küste rollen. Und wir können tatsächlich die Menschen verstehen, die vor der Entdeckung Amerikas hier das Ende der Welt wähnten.

Dann heißt es Eintauchen in die touristische Realität und wir spazieren zum selbst in der Nachsaison vielbesuchten Leuchtturm auf der Landspitze. Er  ist einer der wichtigsten an dieser für ihre Winterstürme berüchtigten Costa da Morte, an deren Klippen bereits unzählige Schiffe zerschellten. Trampelpfade führen hinunter zur Spitze des Kaps. Dort sitzen viele der Jakobspilger, die sich mal laut jubelnd, mal leise und nachdenklich über das Erreichen des letzten Zieles auf ihrem langen Pilgerweg freuen. Symbolisch lassen Sie – trotz eines Verbotsschildes – abgelaufene Schuhe, nicht mehr benötigte Kleidungsstücke oder Briefe mit Erinnerungen zurück. Ein buntes Sammelsurium mit Reliquien, die verbunden sind mit der Hoffnung auf einen Neuanfang. Auch wir sitzen lange hier auf den Steinen, nehmen diese besondere Atmosphäre in uns auf und mögen uns gar nicht vom Blick auf die Weiten des Meeres losreißen.


Der Rückweg unserer Reise durch Nordspanien führte uns dann von Galicien über Kastilien und León, La Rioja und Navarra zurück zum Pilgerpass Ibaneta. Unterwegs hatten wir Gelegenheit, noch einige bedeutende Stationen entlang dem Jakobsweg zu besuchen. Besonders geflasht waren wir von der Kathedrale in Burgos. Wir haben auf unseren Spanienreisen wahrlich schon viele Kathedralen gesehen, aber diese hier toppt dann doch alles. Weitere eindrucksvolle Stationen waren die rätselhaften Kapellen der Tempelritter, wie in Torres del Río oder Eunate.

Ein weiteres  Highlight für mich war der Abstecher auf den 1.000 Meter hohen Pass Alto de Perdón. Das 360-Grad-Panorama und die Besonderheit des Ortes mit einem Pilgerdenkmal und etlichen Windrädern lässt auch uns nicht unberührt. Wir stehen da, staunen und spüren hier unserer 85tägigen Reise durch Nordspanien nach. Ein perfekter Ort, um in sich zu gehen, eine Rückschau zu halten und im wahrsten Sinne des Wortes neue Energie zu schöpfen.

Fast 9.000 Kilometer sind wir diesmal unterwegs gewesen, abgesehen von einem kleinen Rempler auch pannen- und unfallfrei. Und wieder einmal dürfen wir dankbar zurückblicken auf eindrucksvolle Reisemomente mit vielen schönen Begegnungen.



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