Nun sind schon wieder ein paar Tage ins Land gegangen und die Zeit hier im wunderschönen Albanien rast tatsächlich dahin. Mittlerweile sind wir bereits im Nordosten des Landes angekommen und damit bei unseren letzten Reiseetappen. Wir haben uns nun die Eroberung der albanischen Alpen vorgenommen und auf dem Weg hierher galt es etliche Höhenmeter zu bewältigen. Frank hat sich das goldene Fahrerdiplom tapfer erarbeitet und er leidet momentan ein wenig am „Kurbelsyndrom“. Will heißen, er hat in den letzten Tagen etliche Serpentinen gemeistert. Sowohl bergauf als auch wieder bergab. Unser Mumin hat tapfer mitgemacht und alle Kurven, enge Straßen und steile Anstiege klaglos gestemmt. Über den Diesel-Verbrauch der letzten Tage hüllen wir uns jetzt mal in Schweigen…
Doch was ist bis hierher passiert? Jede Menge, würde ich sagen. Ich hatte ja noch versprochen, die Geschichte von unserer missglückten Bootstour auf dem Prespa-See zu berichten. Dazu vorneweg: der Prespa-See liegt an der Grenze zu Nordmazedonien und ist in beiden Ländern ein Nationalpark. Inmitten des Sees liegt die kleine Insel Maligrad, die zu Albanien gehört. Zu sehen sind dort eine Felsenkirche, einige kleine Höhlen und jede Menge Pelikane. So sagt man zumindest. Wir wurden im kleinen Fischerort Pustec von einem netten jungen Mann angesprochen, er uns mit seinem Boot zur Insel bringen wollte. Der Preis passte und somit wurden wir schnell handelseinig. Bis wir auf dem Wasser waren, verging dann ein bisschen Zeit. Erst musste der Bootsführer den Außenbordmotor irgendwo abholen, dann wollte dieser nicht anspringen und schließlich waren wir dann doch auf dem Wasser und dem Weg in Richtung Inselchen. Sehen konnten wir es schon. Doch dann wurde eifrig telefoniert und in der Ferne konnten wir ein Polizeiboot erkennen. Ob Grenz- oder Fischereipolizei, hat sich uns nicht so ganz erschlossen. Jedenfalls war es nix mit dem Ausflug, denn der junge Mann bekam keine Erlaubnis, die Insel anzulaufen. Shit happens. Somit mussten wir unverrichteter Dinge wieder zurücktuckern. ABER: während der vielen Telefonate mit wem auch immer und der Wartezeit auf dem Wasser, kamen tatsächlich etliche Pelikane angeflogen. Extra für uns! Somit hat sich der missglückte Ausflug doch noch gelohnt.
Über den Prespa- und den Ohridsee gelangten wir schließlich nach Berat. Die Wege in Albanien sind oft etwas verschlungen, da direkte Straßenverbindungen über die Berge häufig noch fehlen. Somit muss man den einen oder anderen Umweg fahren. Sozusagen von hinten durch die Mitte ins Herz. Und Berat ist so ein Herz. Es liegt zentral mitten im Land, ist UNESCO-Weltkulturerbe und wird auch die Stadt der 1000 Fenster genannt. Tatsächlich sind noch viele der ehemals osmanischen Gebäude erhalten geblieben und bilden heute ein sehr sehenswertes Ensemble. In der Altstadt dürfen beispielsweise keine neuen Gebäude errichtet werden.
Berat ist zudem Ausgangspunkt, um zum Osum-Canyon zu gelangen. Noch so eine kurvenreiche Strecke, doch die Anfahrt über enge Straßen und kleine Dörfer lohnt sich unbedingt. Wohl einer der spektakulärsten Canyons Albaniens und Europas - sicherlich nicht nur für uns. Und weil die Zufahrt zum Canyon auch die längste Sackgasse Albaniens genannt wird, müssen wir hin und zurück auf demselben Weg. Die weitere Strecke wäre nur etwas für Offroad-Fahrzeug kleineren Ausmaßes und wir haben mehr als einen Hinweis erhalten, dass wir diesen Shortcut in den Süden auf keinen Fall mit unserem Mumin machen sollten. Vielleicht gibt es irgendwann ja doch nochmal eine asphaltierte Route. Zumindest lassen die regen Bautätigkeiten in der Region darauf schließen.
Eine nette Episode verbinden wir ebenfalls mit Berat. Dort trafen wir nämlich Sybil und Christian mit ihrem Benny – dem Mercedes-Vario-Allradmobil von benny-goes-overland. In den sozialen Medien wie Instagram und Youtube ziemlich bekannt. Wir verbringen auf dem Campingplatz einige nette Stunden zusammen mit interessanten Gesprächen. Immer wieder schön, Gleichgesinnte zu treffen und sich auszutauschen. Herzliche Grüße an dieser Stelle an euch beide und vielleicht kreuzen sich unsere Wege ja nochmal irgendwann und irgendwo.
Ja und dann ging es für uns nochmal über die Hauptstadt Tirana – diesmal mitten durch mit unserem Mumin. Was nicht nur bei mir für einen leicht erhöhten Puls sorgte. Für einen Etappenstopp auf unserem weiteren Weg in Richtung Nordosten wählten wir nochmals die Lagune von Patok. Beim ersten Mal hatten wir hier nur eine Essenspause in einem der zahlreichen Fischrestaurants eingelegt. Nun wollen wir hier eine Nacht verbringen und können mal wieder über eine nette Begegnung berichten. Nach einem opulenten Fischmenü legen wir noch einen kleinen Verdauungsspaziergang ein. Der Sonnenuntergang nähert sich und wir beschließen, noch einen Absacker in einem Restaurant zu nehmen, das uns den Blick auf den Sonnenuntergang gewährt. Wir kommen ins Gespräch mit einem jungen Mann, der mal wieder wissen möchte, warum und weshalb wir in Albanien unterwegs sind. Zunächst vermuten wir in ihm den Kellner. Zumal er uns fragt, was wir trinken möchten. Er geht auch ins Restaurant, bestellt für uns, verabschiedet sich dann aber und braust von dannen. Wir bekommen unseren Weißwein also von einem anderen jungen Mann, der uns sagt, es wäre schon alles bezahlt und wir wären eingeladen. Einfach unglaublich, diese Albaner.
Und nun sind wir also im Nordosten des Landes angekommen. Die Grenze zum Kosovo ist nicht mehr weit und auch unsere Recherchereise neigt sich allmählich ihrem Ende zu. Doch einige der Highlights liegen noch vor uns und wir sind bereits sehr gespannt, ob das mit unserem Mumin alles so machbar sein wird.
Heute dann wieder so eine Begegnung, die uns zum Nachdenken bringt und uns auch ein wenig ans Herz geht. Wir haben einen Übernachtungsplatz gefunden, den wir als Geheimtipp für uns behalten werden. Zu schön liegt er, ab vom Schuss auf einer Almwiese, zu schön ist die Aussicht auf die Berge, zu intensiv duften die blühenden Bergkräuter. Es ist hier unglaublich ruhig, wir hören nur die Vögel zwitschern und ein paar Geräusche vom nahen Dorf. Hundegebell, das Bimmeln von Kuhglocken, das Rattern eines Traktors. Bei unserem Sundowner vor dem Mumin sind wir von einer kleinen Viehherde umzingelt mit Schafen, Lämmern und ein paar Kühen. Eine ältere Frau hütet die Tiere. Bergidylle pur und es ist zu schön, um wahr zu sein.
Dann kommen einige Jugendliche aus dem Dorf, schleichen zunächst ein wenig um uns Fremdlinge herum und schicken den „Boss“ vor der recht gut Englisch spricht. Weil wir nicht beißen, kommen auch die anderen Jungs und setzen sich zu uns. Sie erzählen uns von ihrem Leben hier, von der Politik, die korrupt und kriminell ist, keine Perspektiven für die jungen Menschen bietet. Sie erzählen uns von ihren Lehrern, die hier so wenig verdienen, dass sie vom Gehalt den Lebensunterhalt nicht bestreiten können. Sie erzählen uns von Albanern, die im Ausland ihr Geld verdienen und zuhause dafür sorgen, dass die Zufahrt zum Dorf asphaltiert wird. Der Staat würde sich darum nicht kümmern. Alle Jungs machen einen gebildeten und interessierten Eindruck. Für sie ist es der innigste Wunsch, ins Ausland zu gehen. Nach Großbritannien, wohin anscheinend schon viele Menschen aus dem Dorf ausgewandert sind. Oder Deutschland, in dem aus ihrer Sicht alles viel besser ist. Sie würden sehr gerne hierbleiben, wissen die Schönheit ihres Landes durchaus zu schätzen. Wollen auch wissen, warum wir hier sind. Was uns an ihrem Land gefällt. Doch die wirtschaftliche Perspektivlosigkeit ist erdrückend für die jungen Leute. Es gibt einfach keine Arbeit, trotz der guten schulischen Ausbildung. Stattdessen nur leere Versprechungen von Seiten der Politik. Würden wir es in solch einer Situation anders machen? Am Ende des Gespräches laden sie uns noch ein, morgen ins Café im nahen Ort zu kommen. Auch hier findet sie sich wieder – die Herzlichkeit und Offenheit der Albaner. Ein kleines Land mit einem großen Herz. Bei wohl keiner unserer bisherigen Reisen waren die Begegnungen mit den Einheimischen so zahlreich und intensiv wie hier in Albanien.
Und hier geht's weiter zum nächsten Kapitel unseres Roadtrips durch Albanien.
goldfish (Samstag, 15 Mai 2021 11:11)
hi ihr beiden,
schön, dass bis jetzt alles gut geklappt hat
bleibt gesund
Gruss
goldfish