Nach der Nacht auf unserem Großraum-Parkplatz, in der noch einige heftige Regenschauer und kräftiger Wind über uns hernieder gingen, kämpft sich am Morgen bereits die Sonne durch die Wolken. Wir machen uns auf den rund 15 Kilometer langen Weg nach Swinemünde. Dort steuern wir das Wahrzeichen, den 68 Meter hohen Leuchtturm an. Einst höchster Leuchtturm der Welt war der Backstein-Bau eine architektonische Meisterleistung seiner Zeit. Er hat heftige Zeiten überstanden und wir nehmen die 300 Stufen hinauf in Angriff. Oben genießen wir eine wunderbare Aussicht auf die Swine-Mündung und die umgebende Küstenlinie nach Wolin, ins Binnenland und hinüber nach Usedom. Unser heutiges Tagesziel. Ab Swinemünde verkehren auch die Fährlinien nach Schweden (Ystad, Malmö, Kopenhagen mit der Unity-Line). Fast sind wir versucht umzubuchen und Kommissar Wallander in Ystad einen Besuch abzustatten. Aber wir haben leider noch ein zeitliches Limit, so dass es nun "nur" auf die kostenlose Fähre nach Usedom geht.
Mumin goes also mal wieder on the water. Uns wird so richtig bewusst, dass wir in diesem Jahr bereits am Donaudelta im Süden Europas waren und nun im Norden am Oderdelta. Schon irgendwie toll!
Bei unserer Weiterfahrt in Richtung Deutschland stoßen wir an eine erste Herausforderung. Der Grenzübergang nach Ahlbeck ist auf 3,5 t beschränkt. Der zweite Übergang auf 7,5 t. Warum haben wir auch so ein übergewichtiges Dickschiff.... Man will uns wohl nicht zurück in die Heimat lassen. Also legen wir jetzt die 7,5 t großzügig aus und fahren weiter. Getreu dem Motto "We are Camper, no Truck". Niemand will etwas von uns, die Straße passt und somit gelangen wir auf die deutsche Seite der Insel Usedom.
In Ahlbeck scheitert unsere Suche nach einem geeigneten Parkplatz aber in Heringsdorf werden wir am Bahnhof fündig. Der Mumin wird abgestellt, der Hund befreit und wir machen uns auf den Weg ins Städtchen. Heringsdorf gehört zu den drei Kaiserbädern auf Usedom und zählt zu den mondänsten Orten. Uns steht der Sinn neben der klassischen Bäderarchitektur zunächst allerdings nach einem Fischbrötchen. In der Fußgängerzone werden wir schnell fündig und wir machen uns mit unserer "Beute" auf den Weg zur nahen Seebrücke. Nach dem Motto "Schlimmer geht immer" steppt hier nun der Bär. Strandkorb an Strandkorb und Beach-Party mit Großbild-Leinwänden im Wasser, ein Scooter-Contest und Ballermann-Stimmung all überall. Wir dachten schon, das Seebad in Polen wäre schlimm, aber das hier toppt das Ganze noch. Wir essen unser Fischbrötchen, dann geht es auch schon wieder zurück. Das ist einfach nicht unsere Welt. Gesehen und abgehakt - fertig.
Im Städtchen genehmigen wir uns noch eine Tasse Kaffee und kommen dabei ins Gespräch mit unserem Tischnachbarn. Er kennt Heringsdorf aus Kindertagen und ist entsetzt darüber, wie sich der Ort entwickelt hat. Wir sind wohl nicht alleine mit unserer Meinung.
Für uns geht es weiter mit der Suche nach einem Übernachtungsplatz. Hier an der Küste ist Freistehen eher nicht drin. Deshalb steuern wir nach dem nächsten Seebad Bansin den Waldparkplatz für Wohnmobile an. Es ist fast schon ein Campingplatz mit vielen, vielen Wohnmobilen. Der geschäftstüchtige Betreiber findet jedoch noch einen netten Platz für uns. Kostenpunkt: 20,20 Euro inkl. Strom und Kurtaxe. Ostseepreise eben.
Wir müssen unseren Mumin quer über das Gelände chauffieren und schrecken damit die Campergemeinde aus dem wohlverdienten Nachmittagsschlaf. Alles steht da und guckt. Dabei haben sind wir nicht die einzigen Exoten hier. Um uns herum sind noch ein paar Kuriositäten zu bestaunen.
Nachdem wir unsere Parkposition eingenommen haben spazieren wir mit unserem Vierbeiner an den nahe gelegenen Ostseestrand. Hier sind auch Hunde erlaubt, es gibt keine Strandkörbe mehr und wir genießen einen schönen abendlichen Spaziergang am Wasser.
Zurück am Mumin wird erst der Hund gefüttert, dann stillen wir unseren Hunger am Imbiss "Rollmops". Hier gibt es super leckeren Räucherfisch mit Kartoffelstampf. Ein typischer Ossi-Imbiss mit schrägem, aber überaus charmantem Personal. Wir essen gut und günstig und amüsieren uns noch herrlich über die Stimmung an diesem Plätzchen. Ostalgie pur mit einer ganz besonderen Prise Humor. Einige Sprüche gefällig?
"Brennholz zu vermieten" - "Asche bitte gebündelt zurückbringen" - "Aushilfe gesucht: 5 Männer oder 1 Frau"
Fahrtstrecke heute: 64 Kilometer
Nach einer ruhigen Nacht und Croissants zum Frühstück fahren wir heute weiter in Richtung Norden nach Peenemünde. Das dortige Historisch-Technische Museum ist unser Ziel. Damit weichen wir zwar von unserem ursprünglichen Routenplan ab, denn eigentlich wollten wir die Insel nur im Süden durchqueren. Aber wo wir nun schon mal hier sind möchten wir uns dieses Zeugnis der Geschichte dann doch nicht entgehen lassen.
Es sind nur knapp 40 Kilometer und unterwegs stocken wir noch unsere Vorräte ein wenig auf.
In Peenemünde ist schnell ein Parkplatz im Museumsbereich gefunden. Einst war hier die Raketenversuchsanstalt der Nazis angesiedelt und unter Beteiligung Wernher von Brauns wurde der Antrieb für Langstreckenraketen entwickelt. Unter teilweise grausamen Bedingungen baute man die V2-Rakete mit Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen. Nach dem Krieg wurde die riesige Anlage abgebaut und das Expertenwissen unter den Alliierten "aufgeteilt". Unter anderem wurde Wernher von Braun in den USA ein Wegbereiter der Raketenwaffen und der Raumfahrt, da er dort die Trägerraketen für NASA-Missionen weiterentwickelte.
Zur Verantwortung gezogen für seine Tätigkeiten im Nationalsozialismus wurde der Raketeningenieur nie.
Wir sind beeindruckt von dieser interessanten und informativen Ausstellung im ehemaligen Kraftwerksgebäude, das heute auch kulturellen Veranstaltungen und Kunstausstellungen dient.
Nach unserem Museumsbesuch stärken wir uns noch mit Fischbrötchen und super leckeren, frisch gebackenen Waffeln. Dann ziehen wir um auf den benachbarten Wohnmobil-Stellplatz am Alten Hafen. Hier beschließen wir den Tag und bei der Anmeldung in der Hafenbar (15 Euro inkl. Strom) nimmt mich sogleich der Wirt in Beschlag. Er ist völlig begeistert von unserem Mumin und kriegt sich gar nicht mehr ein, ob unseres Fahrzeuges. Dabei steht noch ein LKW-Mobil auf dem Platz mit einer ausfahrbaren Hub-Kabine. Interessant, was es alles so gibt. Leider entdecken wir die Besitzer nirgends, so dass wir auch nicht ins Gespräch kommen.
Wir verbringen den Nachmittag faulenzend, drehen noch eine abendliche Spazierrunde rund um's Hafenbecken, in dem es einige Museums-Schiffe zu bestaunen gibt. Zum Abschluss kehren wir noch in die Hafenbar ein. Hier genießen wir auf dem umgebauten Restaurant-Schiff in uriger Atmosphäre Brathering und Matjes. Und wir werden vom geschäftstüchtigen Wirt noch zu einigen Doppel-Kümmel-Sanddorn-Korn genötigt. Insgesamt also ein recht unterhaltsamer Abend.
Fahrtstrecke heute: 38 Kilometer
Zurück auf's Festland - Zwischen Peenestrom, Achterwasser und Stettiner Haff