Am 2. September beginnt unser Abenteuer Afrika. Die Fahrt zum Fährhafen in Algeciras klappt zunächst problemos, doch dann scheint irgendetwas mit unseren Fährtickets nicht in Ordnung zu sein. Frank muss auf's Büro von Balearia. Dort stellt sich ein Systemfehler heraus und er bekommt die neuen Boardingkarten. Dann ist alles in Ordnung und wir dürfen aufs Schiff. Dazwischen gibt es immer wieder Wartezeiten und unsere Fähre startet mit rund einstündiger Verspätung gegen 14.00 Uhr. Dann überqueren wir die Straße von Gibraltar bei ruhiger See und genießen die entspannte Überfahrt.
In Marokko angekommen müssen wir uns erst einmal in Geduld üben. Erst werden wir zur falschen Warteschlange geschickt. Dort heißt es, wir müssten erst noch durch den Scanner. Die Fahrzeugpapiere und der Pass bleiben derweil beim Zöllner. Immer wieder eine blöde Situation, die Papiere aus den Händen geben zu müssen.
Also wieder komplett retour und erneut hinten anstellen. Endlich am Scanner angekommen, müssen wir samt Hund aus dem Fahrzeug raus. Dann geht es wieder zurück zum Zoll. Frank bekommt die Papiere zurück und ein Dokument, das die Einfuhr unseres Fahrzeuges bestätigt. Allerdings erhalten wir dieses erst auf mehrfache Nachfrage. Der junge Zöllner scheint das System noch nicht zu durchschauen und muss einen Kollegen fragen, was ihm natürlich nicht passt. Dann kommt noch ein weiterer Zöllner ans Fahrzeug und schaut sich alles sehr genau an. Er scheint jedoch eher Interesse an der Technik und Ausstattung unseres Mumin zu haben. Die "Schmuggelware" in Form von französischem Rotwein, Crémant für die Feierlichkeiten und ein gut gefüllter Kühlschrank scheinen ihm egal zu sein.
Gefühlte drei Stunden später ist das Prozedere geschafft, wir ziehen am Automaten noch unsere ersten 2.000 Dirham und gegen 18.00 Uhr Ortszeit (eine Stunde hinter unserer MEZ) kommen wir endlich vom Hafengelände.
Und nun begehen wir einen Kardinalsfehler. Eigentlich wollten wir auf dem - zugegeben uncharmanten - Hafengelände noch übernachten, um uns am nächsten Tag frisch erholt ins Abenteuer Marokko zu stürzen. Doch irgendwie ist Frank noch im Fahrmodus und düst erstmal los. Ohne Plan, wohin und wie weit.
Somit geraten wir wenige Kilometer weiter in Ksar-es-Seghir in das Gewimmel eines Montagsmarktes, schlagen uns zur Küstenstraße durch, die sehr spektakulär in Kurven bergauf und bergab in Richtung Tanger führt. Unterwegs die ersten Rif-Bäuerinnen in ihrer Tracht, die am Straßenrand Obst und Gemüse verkaufen. Leider habe ich nicht allzuviel von der Panoramafahrt, da ich versuche uns zu navigieren und eine Orientierung zu bekommen. Eigentlich hätte ich mich da gerne vorher sortiert. Außerdem bin ich müde, habe Hunger und heute keinen Nachmittagskaffee bekommen. Da werde ich gerne mal unleidlich ;)
So landen wir schließlich am Cap Malabata mit einem Leuchtturm. Ein toller Spot, sehr stürmisch und an diesem Montag auch noch sehr gut von marokkanischen Familien besucht. Eigentlich dachten wir, die Ferien sind hier schon vorbei. Wir genießen jetzt erst einmal die spektakuläre Aussicht auf die Bucht von Tanger, setzen uns ins Café und trinken unseren ersten "Berber-Whiskey" - Thé maroccaine mit Minze und viel Zucker.
Das Übernachten hier am Cap ist laut diversen Reiseführern nicht ganz ungefährlich und wird auf Nachfrage beim Barbesitzer auch von der Polizei nicht wirklich geduldet. Aber mittlerweise wird es schon dämmrig, wir haben keinen Plan B und wollen uns auch nicht ins Gewirr der Stadt Tanger stürzen. Also bleiben wir in der Hoffnung, dass nach dem tollen Sonnenuntergang auch der Besucherandrang hier oben nachlässt und wir des nächtens nicht von der Polizei vertrieben werden. Vorsichtshalber verbarrikadieren wir uns allerdings in unserer "Festung", ziehen die Leiter ein und räumen alles auf, um notfalls die Flucht ergreifen zu können.
Bonne Nuit - unsere erste Nacht in Marokko liegt vor uns.
Die Nacht am Leuchtturm war dann tatsächlich sehr unruhig. Neben einem heftigen Wind trieben des Nächtens die PS-Jugendlichen von Tanger mit ihren Boliden ihr Unwesen und düsten mit quietschenden Reifen, Vollbremsungen und lautem Gehupe bis gegen 3 Uhr morgens immer wieder an uns vorbei. Dann war kurzzeitig Ruhe bis ein LKW der Müllabfuhr um 5.30 Uhr hinter uns parkte, den Diesel auf Hochtouren laufen ließ und diverse Container absetzte. Tatsächlich hatten mit uns noch zwei weitere Wohnmobile hier oben die Nacht verbracht, so dass wir nicht ganz alleine waren.
Und wo wir jetzt schon mal wach sind, können wir uns frühmorgens auch gleich auf zur Besichtigung von Tanger machen. Wir fahren über die Küstenstraße und die megabreite, nagelneue Avenue Mohammed VI.ins Zentrum, staunen über die prachtvollen neue Bauten, finden auch problemlos einen großen und bewachten Parkplatz vor der Medina und begehen gleich den nächsten Kardinalsfehler. Naja, fast.
Der Parkplatzwächter hat das Handy am Ohr und schwupp, steht schon ein potentieller Führer parat kaum dass wir unseren Mumin verlassen haben. Jetzt beginnt das Feilschen. Er will 40 Euro von uns für eine Stadtführung. Das ist ja wohl ein bisschen viel. Also wird gefeilscht. Immer wieder wollen wir gehen, doch dann ist Mohammed, so stellt er sich uns vor, mit 120 DH (12 Euro) einverstanden. Die Tour beginnt recht gemütlich und tatsächlich erzählt er uns einiges über die Stadt, was neu gebaut wurde, ein paar historische Fakten und alles in einem gut verständlichen Englisch bzw. sogar Deutsch. Dann geht es hinein in die verwinkelten Gassen der Medina und ruckzuck haben wir auch schon ein wenig die Orientierung verloren. Wir folgen Mohammed brav, der uns auch hier das portugiesische und das britische Viertel sowie die Kasbah zeigt. Dann landen wir - wie könnte es anders sein - in einer "Apotheke". Die gehört seinem Freund, der uns diverse Kräuter und Mittel gegen jede Art von Wehwehchen und natürlich das Argan-Öl anpreist. Wir sollen nur schauen, müssen nix kaufen, bestätigen uns Freund Apotheker immer wieder. Mohammed unser Guide ist derweil verschwunden. Ok - jetzt schauen wir mal, wie wir aus der Nummer wieder raus kommen. Wir erstehen dann tatsächlich einen Beutel Pfefferminztee - kann ja nicht schaden. Dann geht's weiter. Als nächsten landen wir in einem Teppichladen. Wir waren ja vorgewarnt, schauen uns artig alles an und erklären dann, dass es nicht unser erster Besuch in Marokko wäre und dass wir zwei Jahre in Casablanca gearbeitet hätten. Über's Ohr hauen können wir nämlich auch und schwindeln ohne rot zu werden.
Die Aussicht von der Terrasse des Teppichladens ist tatsächlich sehr schön und man lässt uns dann auch wieder ziehen.
Da wir jetzt ja schon einen Führer engagiert haben, soll er uns bitte zu einem Laden bringen, den wir wirklich brauchen. Wir sind ja noch auf der Suche nach einer SIM-Karte. Mohammed strahlt und leitet uns durch das Gewirr der Medina in einen Handy- und Sonstiges Shop. Auch hier ein Freund, der uns dann ruckzuck eine 4-G-Datenkarte installiert mit reichlich Volumen für die nächsten Tage und hoffentlich auch noch Wochen. Als Dreingabe gibt es noch eine Kostprobe vom benachbarten Freund, dem Bäcker. Ein leckeres Walnuss-Törtchen.
Damit hat Mohammed genug für uns getan, was er auch merkt. Er geleitet uns zurück zu unserem Mumin, bedankt sich vielmals, drückt uns herzlich und verabschiedet sich von uns.
Nachdem wir unseren Guide los geworden sind, machen wir uns nochmals allein auf zur Erkundung der Stadt. Das ist tatsächlich problemlos möglich und wir saugen das Gewirr von Geräuschen, Düften (mal mehr, mal weniger gute) und anderen Sinneseindrücken in uns auf. Schon faszinierend. In einem Souk mit riesigem Fischmarkt erstehen wir noch frisches Obst, lassen uns auf ein Glas Minztee in einem Café am Petit Socco nieder und kehren dann zurück zu unserem gut bewachten Mumin. Die Busfahrer der Reisebusse haben sich ihre Plastikstühle geschnappt und sitzen im Schatten unseres Dickschiffs bei Tee und einem Plausch. Besser geht's nicht - denken wir!
Der offizielle Parkplatzwächter will kein Geld von uns aber Frank gibt ihm trotzdem 10 DH für's Aufpassen. Dann fahren wir weiter entlang der Küstenstraße durch einen sehr, sehr, sehr noblen Villenvorort in Richtung Cap Spartel. Hier treffen sich das Mittelmeer und der Atlantik. Kaum sind wir losgefahren, ertönt plötzlich ein lautes Klopfen. Erst denken wir, unser Hund hat hinter uns den Rappel. Doch dieses Klopfen klingt, als würde jemand von außen ans Fahrerhaus trommeln. Frank fährt rechts an, ich steige aus und schaue rund um den Mumin. Ich sehe nur noch, wie ein Jugendlicher hinter unserem Auto wegrennt wie ein Wiesel. Weder Frank noch ich können erkennen, wo genau er her gekommen ist. Wir vermuten, dass er sich irgendwo am Fahrzeug versteckt hat und als "blinder Passagier" irgendwohin mitgenommen werden wollte. Der Schreck sitzt uns ganz schön in den Gliedern. Nicht auszudenken was passiert wäre, wenn er unterwegs abgestürzt und von uns überrollt worden wäre.
Neues Memo an uns: altes Fahrschulwissen hervorholen und eine Abfahrtskontrolle durchführen.
So erreichen wir schließlich das Cap Spartel, genießen die Aussicht, schauen uns noch die Herkulesgrotte an und machen uns auf die Suche nach einem Campingplatz, wo wir nach der langen Anreise und den ersten Abenteuern einen oder zwei ruhige Erholungstage verbringen können.
Marokko Woche Eins