Während ich dieses neue Update zu unserem Reiseblog schreibe, sind wir bereits in den Bergen des Hohen Atlas angekommen. Das Wetter hat sich nach dem Sandsturm in Mhamid deutlich in Richtung Herbst gewendet. Es ist tagsüber angenehm warm mit Temperaturen von 20-25 Grad, aber nachts wird es ziemlich kalt. Kaum ist die Sonne weg, wird es Zeit den Pullover oder die warme Jacke aus dem Schrank zu holen. Und morgens haben wir dann „Tiefsttemperaturen“ von 17 Grad im Mumin. Demnächst werfen wir die Heizung an 😉
So ganz allmählich nehmen wir wieder Kurs in Richtung Europa, doch es bleiben uns noch vier Wochen, um noch ein paar schöne Ecken Marokkos zu erkunden. Zwei absolute Highlights liegen jedoch hinter uns. Über die Durchquerung der Erg Chegaga habe ich ja bereits erzählt. Danach ging es durch die wunderschönen Oasen des Drâa-Tales, vorbei an alten Kasbahs und durch eine Steinwüste mit eindrucksvollen Felsgravuren nach Merzouga und in die Sanddünen der Erg Chebbi. Im Gegensatz zur Erg Chegaga führt zu den Dünen der Erg Chebbi eine Asphaltstraße. Entsprechend touristisch erschlossen ist die gesamte Region. Auf den ersten Blick sind wir etwas enttäuscht. Es reihen sich etliche Auberges entlang der Dünen, fast alle haben auch für Wohnmobile Stellmöglichkeiten. Allabendlich zum Sonnenuntergang und allmorgendlich zum Sonnenaufgang traben die Dromedar-Karawanen mit den Touristen hinauf auf die Dünen und die Wüstenromantik wird durch das ständige Röhren von Quads gestört, die sich im Sand tummeln. Wir sind in der Vorsaison da und es ist noch recht wenig los. Aber wenn erst einmal die ganzen Winterurlauber da sind, dann dürfte es hier ziemlich rund gehen. Da hat uns die Ruhe und Stille in der Erg Chegaga wesentlich besser gefallen.
Andererseits haben die Dünen hier auch etwas Magisches. Die Farben sind anders als in der Erg Chegaga und der Sand leuchtet hier je nach Tageslicht von zartrosa bis hin zu kräftigem Rot. Als Kontrast dazu das schwarze Gestein der umgebenden Steinwüste, auch Hamada genannt. Wir stehen mit unserem Mumin direkt am Fuße einer Düne und gleich daneben ist ein nettes Café. Dort können wir einen wunderbaren Sundowner mit Blick auf die Wüste genießen. Zwar nicht mit einem kühlen Glas Rosé, doch dafür mit Berber-Whiskey und einem sehr sympathischen Betreiber. Er hat ein freundliches Lächeln im Gesicht, sein Gang ist beschwingt und er verbreitet richtig gute Laune. Und das, obwohl wir die einzigen Gäste sind. Ein wirklich netter Kerl.
In der Erg Chebbi habe ich einen neuen Freund gefunden. Ein junger Hund, den ich aufgrund seines Aussehens sofort "Wüstenfuchs" getauft habe. Das Kerlchen hat uns an unserem Stellplatz sprichwörtlich aufgelauert und war so "ausgefuchst", dass er instinktiv den richtigen Abstand zu unserem Fellmonster hält. Er nähert sich nur so weit, damit ihn unser angeleinter Wachhund nicht am Schlawittchen packen kann. Aber die beiden freunden sich sogar an und Wüstenfuchs begleitet uns bei unseren Dünenwanderungen. In der Nacht richtet er sich häuslich vor dem Mumin ein und nervt uns dann irgendwann mit seinem nächtlichen Gebell. Nein, rein lassen wir den Frechdachs nicht. Aber eine Portion Futter bekommt er ab. Und siehe da: auf einmal schmeckt unserem Vierbeiner das Trockenfutter auch wieder. Es lebe der Futterneid!
Eigentlich wollten wir auch diesen Teil der Sahara auf einer Piste umrunden. Und wir wollten das auch nicht allein tun, sondern hatten wieder Hoffnung auf eine Begleitung. Doch leider fügte es sich nicht, denn es sind nur Geländewagen in Ralley-Manier aus Spanien und Frankreich unterwegs. Mit denen können und wollen wir uns nicht messen. Und so haben wir uns nur auf die kurze, aber erfolgreiche Suche nach einem sogenannten „Zeitsee“ begeben. Diesen See gibt es nur nach Regenfällen und dann nur für kurze Zeit. Und wenn der See Wasser führt, dann kommen auch die Vögel. Unter anderem Flamingos. Und tatsächlich: als wir über die Piste in Richtung der angegebenen Koordinaten für den See fahren, glauben wir zunächst an eine Fata Morgana. In der Ferne sehen wir das Wasser schimmern, darauf ein riesiger Schwarm Flamingos und andere Wasservögel. Umrahmt von einer Herde Dromedare, die am See trinken und grasen. Denn wo Wasser, da auch Grün. Ein weiterer magischer Moment, den wir so nicht erwartet hätten. Und wir mögen uns gar nicht sattsehen an dieser ungewöhnlichen Kulisse.
...so ein "marokkanisches" Sprichwort.
Man ist nie sicher vor Überraschungen in Marokko, das uns so ganz langsam mehr und mehr sympathisch wird. Von nervenden Kindern und aufdringlichen Führern hatte ich ja bereits mehrmals berichtet. Insofern waren wir für eine Besichtigung der Stadt Rissani gewappnet. In unseren Reiseführern stand nämlich einhellig zu lesen, dass die Stadt voll von solchen „Faux Guides“ und Horden bettelnder Kinder wäre. Wir waren also nicht wirklich motiviert, uns dem auszusetzen. Allerdings gilt Rissani als Keimzelle des marokkanischen Königshauses und der Sonntagsmarkt soll einer der schönsten und buntesten in der Region sein. Also Augen zu und durch.
Überraschung Nummer 1:
am Mausoleum Moulay-Ali Cherif konnten wir völlig unbehelligt parken, wurden beim (kostenlosen) Eintritt freundlich Willkommen geheißen und durften uns ohne anhänglichen Führer die Anlage in aller Ruhe anschauen.
Überraschung Nummer 2:
Auf dem Sonntagsmarkt herrschte ein riesiger Trubel. So etwas haben wir tatsächlich noch nicht erlebt. Auch hier konnten wir ungestört einkaufen, uns umschauen, fotografieren und die Eindrücke in uns aufnehmen. Die Kinder waren wohl alle zum Arbeiten auf dem Markt eingespannt und hatten keine Zeit. Ok, ein paar Mal wurden wir aufgefordert, Schmuck oder Teppiche anzuschauen und zu kaufen. Aber nach einem freundlichen „Nein“ war auch gut.
Überraschung Nummer 3:
Auf dem zentralen Parkplatz stand eine Armada von Geländewagen. „KIA Desert Trophy 2019“. Darin Touristen aus Europa auf Wüstentour. Und was
machen die? Reichen den Kindern, die um diesen Konvoi herumlungerten, fleißig Cola, Chips und andere Süßigkeiten aus dem Fenster. Und was lernen wir daraus? Blöd sind nicht die marokkanischen
Kinder, blöd sind die Touristen, die hier großherzig nach dem Gießkannenprinzip verteilen. Mit Bedürftigkeit hat das nichts zu tun.
Über das wunderschöne Ziz-Tal, ein weiteres Oasental, ging es weiter in Richtung Berge. In den Oasen ist die Dattelernte in vollem Gange und überall finden Dattelfeste statt. So kommen auch wir in den Genuss dieser süßen Früchte, die hier tatsächlich viel besser schmecken als das, was wir zuhause in den Supermarktregalen finden. Mehr als sieben verschiedene Sorten werden angebaut und die Früchte werden unter anderem zu leckerem Sirup und Marmelade verarbeitet. Aber auch ganz einfach so zwischendurch sind sie ein ordentlicher Energielieferant.
Unser Vierbeiner freut sich sichtlich über das frische Grün, das er beim Spaziergang durch die Oasengärten zwischen die Pfoten bekommt. Endlich mal etwas anderes, als dieser ewige Sand 😉
Ja, und so sind wir inzwischen in der Region der Schluchten des Hohen Atlas angekommen. Doch darüber berichten wir dann das nächste
Mal!
Von hohen Bergen, tiefen Schluchten und klaren Seen - Unterwegs zwischen Hohem und Mittlerem Atlas
Bettina (Dienstag, 05 November 2019 16:12)
... habe gerade noch einen Schreibfehler entdeckt aber da war schon alles zu spät - sorry....