Der heutige Tag beginnt mit Problemen. Unsere Technik lässt uns im Stich. Nachdem wir den Backofen erstmals zum Aufbacken von Brötchen benutzen, ruft die Elektrik wieder Alarm. Wir hätten keinen Strom mehr. Und das, obwohl wir in den letzten Tagen Sonne satt hatten und die Batterie laut Anzeige voll sein müsste. Irgendwie ist das nicht das Gelbe vom Ei, denn wir bekommen noch nicht mal das Kaffeewasser heiß. Dann gibt es auch noch einen Kurzschluss - die große Druckwasserpumpe läuft heiß. Sie hatte schon in den letzten Tagen leicht geleckt. Nun ist erst einmal guter Rat teuer, auch das Notstromaggregat springt nicht an. Frank nimmt erst mal alles vom Netz. Dann klappt es zumindest mit dem Kochen von Kaffeewasser und wir frühstücken zunächst in aller Ruhe. Die Ursache für unsere Stromprobleme scheint durch die defekte Druckwasserpumpe verursacht worden zu sein. Geduscht wird also mit der kleinen Pumpe und "Kleckerles-Wasser". Funktioniert auch. Irgendwann springt sogar der Generator wieder an und alles wird gut.
Als wir nach der morgendlichen Aufregung fast fertig gepackt haben, hält ein Jeep mit einem jungen, polnischen Pärchen neben uns. Die beiden bewundern den Mumin und laden uns ein, auf ihrem Grundstück in Zloty Stok zu stehen. Sie betreiben ein Gästehaus und wir könnten dort übernachten, duschen, essen, Wasser tanken etc. Es wäre ihnen eine große Ehre. Wir sind erst einmal geplättet von dieser Großzügigkeit. Aber leider wollen wir heute ja auch weiter, sonst hätten wir das Angebot bestimmt gerne angenommen. Wir verlinken hier gerne die Anschrift der beiden, die sich wohl über Overlander sehr freuen. Guesthouse Zloty Yar
Für uns geht es nach dieser netten Begegnung zunächst über die Bundesstraße weiter in Richtung Oppeln/Gleiwitz.Wir passieren einen Landstrich, der wohl von einer deutschen Minderheit bewohnt wird. Die Dörfer sind mit deutschen Ortsnamen beschildert, es gibt Fendt- und Claas Landtechnik und die adretten Häuser könnten auch irgendwo in Bayern stehen. Bei Gleiwitz fahren wir auf die Autobahn A4 und nun wird es spannend. Wir haben ja immer noch keine Via Tollbox. Laut Reiseführer wird dieser Abschnitt der Autobahn privat betrieben und man kann seinen Obolus an Mautstationen entrichten. Wir fahren also auf die Autobahn auf, ziehen wie in Frankreich ein Ticket und fahren los. Irgendwann kommt eine Station, an der wir das Ticket abgeben, aber ohne zu bezahlen durchgewunken werden. Auch recht. An einer weitere Station bezahlen wir 10 Zloty, später nochmals 10 Zloty und das war's. In Summe also 5,00 Euro für rund 120 Kilometer.
In Krakau steuern wir den Campingplatz Smok an. Wir bekommen hier ein schönes Plätzchen. Der Campingplatz entspricht ziemlich den uns bekannten Standards. Er wirkt ordentlich, der Service ist freundlich, die Bushaltestelle direkt vor der Tür. Genau richtig für unsere Stadterkundung. Wir richten uns für 2-3 Nächte ein und können hier sogar Brötchen fürs Frühstück vorbestellen. Die französische Reisegruppe, der wir bereits in Breslau begegnet sind, ist bereits da. Wir kommen uns fast schon wie zuhause vor, angesichts der vertrauten französischen Klänge um uns herum.
Dann machen wir uns auf den Abendspaziergang mit unserem Fellmonster. In der Nähe soll der Aussichtspunkt Kopiec Kosciuszki sein, von dem aus man einen schönen Blick auf Krakau haben soll. Hinauf geht es durch ziemlich unwegsames Gelände auf einem Trampelpfad durch Wiesen und den Wald. Wir sind umzingelt von Schnaken - die nahe Weichsel lässt grüßen. Oben werden wir mit einer Festungsanlage und einem ersten Ausblick auf Krakau belohnt. Den Eintritt für den künstlich aufgeschütteten Erdhügel ersparen wir uns und investieren ihn in ein Feierabendbier im Panorama-Café mit ebenfalls wunderschöner Aussicht. Dann geht es wieder hinunter, diesmal durch ein exklusives Villenviertel. Kein Haus, das nicht gesichert wäre wie Fort Knox. Wir kochen uns noch ein leckeres Abendessen und planen den morgigen Tag.
gefahrene Kilometer: 257 km
gelaufene Kilometer: 7 km / 25 Stockwerke
Für heute steht die Besichtigung Krakaus auf unserem Programm. Mit dem Bus fahren wir bis zur Haltestelle Salwator, dann geht es weiter per Tram in die Innenstadt. Infos und einen Plan bekommen wir an der Rezeption des Campingplatzes. Wir starten unsere Erkundungstour ab dem zentralen Platz, dem Rynek. Wie schon in Breslau pulsiert hier das Leben. Nur alles eine Hausnummer größer und imposanter.
Zentrales Bauwerk sind die Tuchhallen mit ihren Arkadengängen, in denen sich Cafés und Restaurants aneinander reihen. Im Inneren der Tuchhallen befinden sich etliche Souvenir- und Kunsthandwerkerstände. Von Bunzlauer Keramik über jede Menge Bernstein in allen Variationen bis hin zu dicken Fellhandschuhen. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten und nicht alles finden wir hier ganz so prickelnd.
Mit dem Rathausturm herrscht hier fast schon ein wenig venezianisches Flair. Uns interessiert die im Reiseführer angepriesene Tour "Rynek Underground", .
für die es wohl nur eine begrenze Anzahl von Karten gibt. Deshalb begeben wir uns zunächst auf die Suche nach dem Ticketschalter, der etwas versteckt liegt. Uns empfängt an der Kasse ein Schild "Tickets sold out" und wir wollen schon enttäuscht von dannen ziehen. Aber der Angestellt winkt uns zu, hält zwei Karten für 14.15 Uhr in die Höhe und die sind sogar kostenlos. Schau an - da haben wir mal wieder Glück.
Für uns geht es nun weiter zur Kirche Nr. 1 - der ältesten Kirche Krakaus. Eher unscheinbar außen besticht die Adalbertkirche von innen.
Weiter geht es zu Kirche Nr. 2 am Platz - der prachtvollen Marienkirche. Vom Turm ertönen zu jeder vollen Stunde Trompetenklänge in Erinnerung an das Jahr 1241, als der Wächter beim Blasen des Signals von einem Pfeil der einmarschierenden Mongolen getroffen wurde. Innen erwartet uns ein imposanter Flügelaltar des Nürnbergers Veit Stoß aus dem Jahr 1477. Da wir genau um 12 Uhr da sind, erleben wir das Öffnen der riesigen Flügeltüren. Allerdings drängen sich jetzt auch die Touristenmassen, so dass ich schon fast klaustrophobische Zustände bekomme. Von Besinnung keine Spur - eine Touristengruppe jagt die andere.
Also nix wie raus und weiter zur Altstadterkundung. Wir flanieren durch die Straßen, bestaunen die restaurierten Bürgerhäuser, gehen die Floranska bis zum Florianstor, durch das bereits die Könige in die Stadt kamen, trinken Kaffee in dem urig gemütlichen "Loch Camelot" samt einem leckeren Apfelkuchen, bummeln durch das Universitätsviertel und kehren schließlich zurück zum Rynek.
Hier tauchen wir ab in "Rynek Underground". Gezeigt wird eine interessante Ausstellung zur archäologischen Geschichte Krakaus. Multimedial aufbereitet mit vielen Exponaten, Filmen und Animationen.
Wieder zurück am Tageslicht machen wir uns noch auf den Weg zum Wawelberg, dem Nationalheiligtum Polens. Hier liegt alles begraben, was Rang und Namen hat. Könige, Bischöfe, Künstler und Weltliche. Wir schauen uns hier oben "nur" die prächtige Kathedrale sowie den Innenhof des Renaissance-Schlosses an. Zu mehr sind wir heute nicht mehr fähig.
Auf dem Rynek gibt es noch ein frühes Abendessen, bestehend aus einer Art Buchweizengrütze. Klingt nach Arme-Leute-Essen, war es wohl mal auch, schmeckt jedoch super lecker. Wir bekommen es als Auflauf aus dem Ofen mit Backpflaumen und Speck bzw. mit karamellisierten Äpfeln und einer Wurst. Dazu einen herzhaften Knoblauch-Dip bzw. Saure Sahne. Macht satt, schmeckt gut und was will man nach solch einem tollen Tag noch mehr.
Tram und Bus bringen uns dann wieder zurück auf den Campingplatz. Am Abend überquert uns noch ein Gewitter mit einem schönen Landregen.
Gefahrene Kilometer: 0
Gelaufene Kilometer: 15 km
Wir verlängern einen Tag in Krakau. Da wir uns entschlossen haben, Auschwitz nicht zu besuchen, wollen wir uns doch zumindest das jüdische Viertel mit Schindlers Fabrik und dem Ghettomuseum in Krakau anschauen. Also geht es heute bei einem heiteren Sonne-Wolken-Mix nochmals los in Richtung Innenstadt. Die Tram bringt uns wieder hin und die restlichen Meter legen wir zu Fuß zurück. Unter anderem vorbei an der "Adlerapotheke". Die Adler-Apotheke, die schon vor dem Ausbruch des 2. Weltkriegs von Tadeusz Pankiewicz geführt wurde, befand sich in den Jahren 1941 - 1943 auf dem Gelände des jüdischen Ghettos. Ihr Eigentümer erhielt von den Deutschen die Genehmigung für den ständigen Aufenthalt im Ghetto und wurde so zum Zeugen des Alltags in diesem geschlossenen Viertel und den Deportationen ihrer Einwohner in die Vernichtungslager. Heute ist die Apotheke eine Gedenkstätte.
Auf dem Gelände der ehemaligen Emaillewaren-Fabrik von Oskar Schindler, auf dem auch der Film "Schindlers Liste" gedreht wurde, ist heue eine Gedenkstätte an das Krakauer Ghetto. Die Geschichte wird anschaulich mit Dokumenten, Filmen und Exponaten aufgezeigt. Eine düstere, stille, beklemmende und nachdenkliche Atmosphäre herrscht hier. Keine leichte Kost, aber gerade in heutiger Zeit unglaublich wichtig.
Nach dem Besuch geht es weiter durch die Straße des ehemaligen Ghettos. Heute teilweise Stadtentwicklungsfläche mit vielen Baustellen. Zurück über die Weichsel gelangen wir ins jüdische Viertel Kazimierz. Hier schauen wir uns die alte Synagoge an, die als wertvollste in Europa gilt. In der Halle werden Exponate zur jüdischen Geschichte und Kultur gezeigt.
Draußen lassen wir uns von Klezmer-Klängen anlocken und setzen uns in ein Café, um der Live-Musik ein wenig zu lauschen. Danach schlendern wir noch ein wenig durch das historische und zugleich doch junge Viertel mit vielen Szene-Kneipen. Am Plac Nowy bleiben wir hängen. Hier findet ein Wochen- und Trödelmarkt statt. In der Mitte eine Rotunde, an der man an kleinen Imbiss-Buden lecker aussehende Sandwiches verkauft. Wir stärken uns mit einem der "Meter-Brote" und machen uns bereits in Richtung Heimweg. Da kommen wir noch an einem lauschigen Biergarten vorbei und können der Versuchung nicht widerstehen, uns hier bereits unser Feierabendbier zu genehmigen.
Der Abschied von Krakau fällt uns fast ein wenig schwer. Im Vergleich zu Breslau hat uns Krakau zu Beginn fast erschlagen. Zu viele Menschen / Touristen und zu viel touristische "Anmache". An jeder Ecke werden wir angesprochen um Stadtführungen im Elektroauto oder Restaurants zu besuchen. Fast schon ein wenig lästig.
Breslau war in dieser Beziehung irgendwie entspannter, lässiger, leichter.
Dann waren wir jedoch froh um unseren Verlängerungstag und dass wir uns für den Besuch des jüdischen Viertels einen ganzen Tag Zeit genommen haben. Zwar war dieser Ausflug in die Geschichte keine ganz einfache Kost, aber es war ein beeindruckender und nachhaltiger Tag. Vor allem war die Lebendigkeit der jüdischen Kultur in der Musik und in der jungen Szene deutlich zu spüren. Das hatte was.
Wir nehmen nun Abschied von Krakau und fahren nach der vielen Kultur der vergangenen Tage wieder hinaus in die Natur und in Richtung Hohe Tatra.
gefahrene Kilometer: 0 km
gelaufene Kilometer: 11 km